Die gotische Kathedrale

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                                Der gotische Baustil 2


                                                       Gliederung


1  Baukunst- und zeitgeistgeschichtliche Einführung

in die Gotik.

1.1  Willkommen im Licht - das Bauprinzip der Gotik

ist ein neues Verhältnis und Erlebnis zum Licht und Raum.

1.2  Formensprache und Symbolik der Gotik.

1.3  Der Mensch der Gotik.

1.4  Zeit des Wandels vom religiösen Lebensstil 

zum Entwicklungslebensstil.

2  Von der religiösen, kulturellen Symbolsprache zur Entwicklungs- und Lebenssymbolsprache.



1  Baukunst- und zeitgeistgeschichtliche Einführung

                                        in die Gotik.

  

> Das abendländische Mittelalter steht unter dem Zeichen des Vertikalen für die seine Dome und die Kathedralen zeugen davon. Kein Bauwerk dieser mittelalterlichen Epoche und auch kein anderer Baustil ist so von voller Mythen und Rätsel wie die gotische Kathedrale bis zum heutigen Tag.

Die Gotik ist eine Stilepoche in der europäischen Kunst-

geschichte, die ihre grösste Bedeutung in der Architek-

tur hat. Hier besonders bei der Kirchenbaukunst. Der gotische Kathedralenbau gilt als herausragende Kunst-

schöpfung und Höhepunkt europäischer Kunst und Aus-

druck der geistigen Entwicklung, die scheinbar aus dem Nichts entstanden ist und vereint ausschliesslich christ-

liches Gedankengut von antiken Bautraditionen befreit.

Der gotische Architekt wurde europaweit stilbildend und bildet kunsthistorisch und geistesgeschichtlich den Höhe-

punkt und Abschluss des christlichen Mittelalters. Die gotische Kathedrale ist eine Welt für sich. Darin ruht ihr Wesen. Sie gilt als höchstes Maß für die Kunst und nicht

nur als ein Bau- und Kunstwerk zu verstehen, sondern

durch die Kunst hindurch weist sie auf ihr Urbild und ihren Ursprung hin und will " den Himmel sinnenhaft erfahrbar machen". Es ist eine Verschmelzung der christologischen-theologischen Dimension mit der geistig-sinnlichen Erfah-

rungswelt und eine Baukunst, welche in körperlicher Ge-

stalt das Leben des Geistes erfasst.


> Die gotische Kathedrale ist Bedeutungsträger für die Idee des Göttlichen, Versinnbildlichung religiösen Gedanken-

gutes, Versinnlichung der Glaubenskraft, Vermenschli-

chung des Gottesbildes und die Erfüllung des Wunsches

nach mehr Gottesnähe. Sie stellt eine Synthese dar von einem Maximum an Gottesnähe verbunden mit einem Maximum an Weltnähe. Über die künstlerische Qualität hin-

aus bekommt das Artefakt Wert, Rang durch die einzig-

artige, emotionale Wirkung. Im modernen Sinne ist der gotische Baustil mehr (Religions)psychologie, (Entwick-

lungs)philosophie und Quantenphysik als ein Kunststil

und wissenschaftliche Bautechnik und ihre Dreiheit

besteht in der Konstruktion, Kunst und religionsmysti-

schen Bedeutung. Die konstruktiven Formenelemente sind Mittel, um Stimmungen zu erzielen, zu kultivieren und das mächtige Ur-Lebens-Grund-Seelen-Gefühl als starker Aus-

druckswille in eine Kunstform zu kleiden. Vereinfacht formuliert bestehen gotische Kathedralen bauarchitek-

tonisch aus einem steineren Gerüst und gläsernen Wän-

den durchtränkt " vom mystischen Geist " als die Quelle

aller Religion. Die Gotikkunst hat die Aufgabe, die be-

stehende göttliche und weltliche Ordnung zu bestätigen

und ihr Dauer zu verleihen. Geometrie und Licht der Kathe-

dralen sollten den Menschen einen Hinweis geben auf die vollkommene göttliche Ordnung. Gotik ist das Verhältnis zum göttlichen, die Enträtselung der Gottesidee und in

Stein gehauenes Gottes(er)lebensgefühl und gläubige Gotteserfahrungsgewissheit. Der endlose Raum und das Licht als Baustoff und Träger der zeitlosen Botschaft. Es

ist Versinnlichung des religiösen Lebens als Verinnerli-

chung des Religiösen. Gotik und das Christentum bedingen sich gegenseitig *.


* Siehe auch Gotik und Mystik bilden ein Geschwisterpaar und finden

sich im Gottesbegriffs-,Entwicklungs- und Vermittlungsverständnis "eines Meister Eckhart wieder.

 

II.) Der Gotikbegriff ist erst nach der Gotik entstanden und südlich

der Alpen wurde er als Scheltname für rückständig und hinterwäld-

lerisch verstanden, während die gotischen Bauwerksformen in

Italien einen hohen künstlerischen Wert besaßen. Da die Gotik zum verteufelten Mittelalter gehörte, wurde der Stil von einem Grossen Teil  der nachfolgenden Kunstschaffenden und von den ersten Geistern der vergangenen Jahrhunderte wie z.B. vom Schriftsteller Francois Fénelon und vom Philosophen Voltaire mit Verachtung betrachtet. In der Renaissance war die griechische und altrömi-

sche Kunst angesagt und deshalb war die Gotik des Mittelalters

als "stilo desco=deutscher Stil" verpönt. Bis ins 18. Jahrhundert war die Gotik der Inbegriff für schlechter Stil. Es ist richtig, dass im nor-

dischen,  gotischen Stil Elemente des Barbarischen enthalten sind, was als primitiver, verbauerter, gotischer Wesenszug interpretiert wird. In den barbarischen Völkern bleibt immer wie sie sich abmühen etwas Dunkles, Wildes und Gewaltsames, in den kultivierten Völkern etwas Helles, Klares und Müheloses.


IV.) Die gotischen Kunstwerke keineswegs Gebilde mittelalterlicher Rohheit  oder Werke des Unvermögens, sondern sind nur Teil einer grösseren, über die ganze Erde verbreiteten Formenwelt. Der goti-

sche Geist gehört seiner ganzen Natur nach jenem, man könnte wieder sagen barbarischen religiösen Urgefühls, dass auf heftige Sehnsucht des unstillbaren Vervollkommnungstrieb zurückzu-

führen ist. In Wahrheit ist dieser primitive, barbarische Wesenszug ein individuelles Charakteristikum der Ursprünglichkeit, Lebens-

direktheit und Mittelbarkeit, Lebenswirklichkeit  und Lebensin-

dividualisierung, der sich der Anpassung und Normierung wider-

setzt und ist nicht das verächtliche, barbarische Werturteil der Ungebildet und Ungehobeltheit einer Unkultur.


V.) Der Gegensatz des Barbarischen ist ein Zustand, in dem die Norm herrscht, wo der Mensch und die Natur jenem lebendigen Formalis-

mus unterworfen sind, der Kultur genannt wird. Beide Formen aber sind notwendig und ergänzen, ja durchdringen sich einander und

sind zwei Kraftfelder, die sich hier anziehen und dort abstossen,

aber erst  dieser Widerspruch macht das schöpferische Genie der Menschheit aus. In diesem Sinne ist die gotische Form die männliche, sie ist die zeugende und anregende Form*.


* Nr. II bis Nr. IV In inhaltlicher Textanlehnung an Karl Scheffler, deutscher Kunstkritiker und Publizist


VI.) Etymologisch ist das Wort " lernen" mit den Wörtern "lehren"

und "Liste" verwandt und gehört zur Wortgruppe von " leisten ",

das ursprünglich " einer Spur nachgehen, nachspüren, schnüffeln"

bedeutet. Im Gotischen heißt "lais" " ich weiss ", bzw. genauer " ich

habe nachgespürt " und " laists " für " Spur ". Die indogermanische Wurzel lais- bedeutet "Spur, Bahn, Furche".

VII.) Es ist unmöglich das Wesen der Kunst von der Schöhnheit zu bestimmen. Hier sei an Goethes Ausspruch vor dem dem Straßbur-

ger Münster erinnert: "Die Kunst ist lange bildend, ehe sie schön ist und doch so wahre, grosse Kunst ja oft wahrer und grösser als die schöne selbst ". Der Wille der Kunst ist eine bildende zu sein und ein Inneres so auszudrücken, dass es ein Äusseres wird.


VIII.) Der gotische und der griechische Geist haben in den Jahrhun-

derten der christlichen Kunst mächtig miteinander gerungen und einen Kampf um die Form ausgetragen. In dieser Auseinanderset-

zung musste der Geist der Gotik siegen, weil das Schwergewicht

der Kunst verlegt war von aussen nach innen und vom Sinnlichen

zum Seelischen. Früher war der Mensch in der Welt gewesen, als

ein Teil davon und die Welt war für ihn da. Jetzt wurde die ganze

Welt nur noch im Menschen als Mittel zur religiösen, seelischen Entwicklung betrachtet. Diese neue Sichtweise musste zu einer Umwertung und Umgestaltung der Form führen. Deshalb ist der gotische Geist in Europa solange mit dem Christentum im Gleich-

schritt gegangen. Gotik ist seiner ganzen Natur nach das religiöse

Ur- und Sehnsuchtsgefühl des menschlichen Vollkommenheits-

und Einheitsstrebedranges, welches den einzelnen Menschen vor

Gott mit der ganzen Schwere der Verantwortung stellt, sich mit dem Unbegreiflichen unmittelbar auseinanderzusetzen *.


* In inhaltlicher Textanlehnung an Karl Scheffler, deutscher Kunstkritiker und Publizist.


IX.) Wie Mozart ein mit der Bestimmung zur Kultur geborenes Ta-

lent gewesen ist und wie im Gegensatz Beethoven Genie in seinen höchsten Werken noch barbarisch anmutet.


X.) Denn alle kulturellen Werte waren nicht möglich ohne die Reli-

gion. In allen bekannten geschichtlichen Kulturen ist Religion we-

entliches Element der Kultur und ihre bestimmende Mitte. Fast 90 Prozent unserer Gesetze und kulturellen Werte haben ihre Wurzeln

in der Bibel. Es gibt keine religionsfreie Kultur ausserhalb der mo-

dernen, technischen Zivilisation. Religion und Kultur gehören zu-

sammen wie der Schlüssel zum Schlüsselloch, aber die Kultur und Kunst kann nicht zur Religion gemacht werden. Der abstrakte Geist liegt tiefer als die sinnliche Anschauung, der Begriff Religion wiegt schwerer und ist geschichtlicher als die Begriffe der Kultur und Architekturkunst.


XI.) Siehe auch vom Bildungs-Kultur-Lernen zum Entwicklungs-Kultur-Lernen


XII.) Siehe auch " Die Zukunft des Straßburger Münsters und anderer gotischen Kathedralen " in Zukunft Straßburger Münster


XIII.) In der Aufklärung als Welterklärungsmodell ohne Götter- und übernatürliche Kräfte hat sich der rätselhafte und mit Religion behaftete Seelenbegriff zur Psyche und Psychophysik (Lehre von

den seelischen Kräften) als Wissenschaft gewandelt. Er wurde durch den " Bewusstseinsbegriff " ersetzt und dadurch völlig unreligiös

verwendet. In der praktischen Psychologie heute verbirgt zumeist

die materialistische "ich Vorstellung", dass seelisches nur oder vorwiegend als Produkt körperlicher Prozesse und das Geistige nur als Ergebnis physikalischer und chemischer Prozesse im Gehirn zu betrachten ist. Obwohl es verschiedene Seelenauffassungen gibt,

hat " die Idee der unwissenschaftlichen Seele " alle wissenschaft-

lichen Begriffsbildungen, überlebt und " der Tummelplatz die Seele als Psyche ", was nicht das tiefere Wesen und das kategorische Individual-Lebenslogos dieses Entwicklungs-Prozess-Lebens-Kernes

ist ", erst einmal durchschritten werden muss. Das Seele wird im Hinduismus als " das höhere Selbst" verstanden. Die Seele ist kein Gegenstand  des  Erkennens, So wie es kein Bewusstsein vom Leben gibt und Tod gibt, gibt es auch kein Bewusstsein von der Seele. Es gibt immer nur Bewusstsein von etwas " als Gegenstandsbewusstsein", aber die Seele  schwindet mit der gegenstandslosen Wahrnehmung. Die Seele ist aber das dem Körper verleihende Lebensprinzip an sich, die dem Körper aufbauende und erhaltende Vitalkraft schlechthin, ohne die der Mensch gar nicht bestehen könnte und ohne die ja auch sein materieller Körper sofort zu leben aufhörte. Der Mensch besteht aber nicht nur aus Körper und Seele, denn er ist eine Drei-Einheit bestehend aus Körper, Seele und Geist.


XIV.) Siehe auch den Gliederungspunkt " Das religiöse Seelenbe-

griffsverständnis" in Die-Zukunft-des-Christentums

 

XV.) Die Grundgefühle Ruhe und Glück (griechischer Geist) und Unruhe und Leid (gotischer Geist) sind Urkräfte der Seele als die beiden Pole des menschlichen Lebens überhaupt und ist die Formel, mit der die ganze Entwicklungsgeschichte eines Menschen gedacht werden und das ganze Leben universell abgeleitet werden kann. Zwischen ihnen findet alles Platz, was jemals geschaffen worden ist. Letzten Endes weist alles auf diesen einen grossen Gegensatz zurück, der in der Natur des Menschen begründet liegt. Es ist die Ehrfurcht vor dem Gesetzlichen. In der Kultur wie auch in der Kunstgeschichte wechseln die griechischen und die gotischen Formenwelten mit-

einander ab, sie bestimmen, beeinflussen und durchdringen sich gegenseitig und wirken im ewigen Wechselspiel gegeneinander *.


* Karl Scheffler, deutscher Kunstkritiker und Publizist  


XVI.) Siehe auch Individualisierungs-Bringschuld der Entwicklungs- losigkeit


XVII.) Siehe auch Individualisierungs-Entwicklung als Lebensweg


XVIII.) Siehe auch " Die Nachfolge Christi ist immer nur der eigene Entwicklungs-Individualisierungs-Weg in der Welt " in Evolutionäre, säkulare Nachfolge Christi

 

> Die Gotik ist die Kunst mit der grössten Tiefe, sogar tiefer als die Renaissance, die fälschlicherweise als der Höhe-

punkt der europäischen Kunstgeschichte angesehen wur-

de. " Die gotische Kathedrale ist die umfassenste Kirchen-

gestalt, die in der Geschichte der christlichen Kunst er-

schienen ist, die umfassendste und die jüngste. Keine Reflexion, kein historischer Relativismus vermag ihr den Charakter des Jugendfrischen, Frühlingshaften zu nehmen, den des Erneuerten. Eine mit Kunst befasste Historie und

ein Kunst- und Architekturstudium sind nicht imstande,

die gotische Kathedrale ausreichend zu erklären. Die

Kunst- und architektonische Betrachtung erfasst nicht

das ganze Sinnliche und Geistige der Kathedrale und mit

dem gewohnten Kunstwissen und den Stilmitteln ist es

nicht möglich, die religiöse Stimmung, das Eigentümliche

und die ergreifende, emotionale Kraftwirkung der goti-

schen Kathedrale zu erfassen. Die Erkenntnis der goti-

schen Kathedrale ist das schwierigste Problem der Kunst-

geschichte, aber richtig erhellt, am meisten Erkenntnislicht verbreiten kann *.  


* Hans Sedlmayr, österreichischer Kunsthistoriker.

 

I.) Die Grundkräfte der gotischen Kathedrale waren u.a. von Bern-

hard von  Clairvaux das neue Gottesbild und Gottverhältnis (als lichtes Lebens- und Gottesgefühl), von Hugo und von St. Victor die neue Lichtmystik, von Abälard die neue Schärfe des rationalen Denkens und von Abt Sugar von Saint Denis (Paris) die neue Schau

der Kunst. Das Licht wurde als Baustoff benutzt*.


* Hans Sedlmayr, österreichischer Kunsthistoriker.


II.) Siehe auch " Gott ist Licht und das Licht verleiht den Dingen ihre

Schönheit " in das Licht der  Gotik und der metaphysische Lichtsinn

in Entwicklungsgotik

 

> Der Steincharakter der Kathedrale ist akkumulierte, reli-

giöse, gläubige Substanz der Volksfrömmigkeit dieser Zeit und über die Zeit hinauswirkende, lebendige, idealisierte und verklärte Steinkraft als wortlose Weisheit. Sie ist nichts nachträglich, hinzugedachtes, sondern die Mystik des go-

tischen Domes als magische Anziehungskraft, die heute

noch die Menschen in ihren Bann zieht, war von den Erbauern der Kathedrale als Ziel- und Wirkursache von Anfang an vorgesehen. Jedes Kunstwerk erfüllt seinen Sinn

in sich selbst und der daraus sich ergebenden menschen-

formenden Wirkung. Es ist die Kultur der Vergangen-

heit als nicht abgeschlossene, offene Kultur, die sich in

der Gegenwart als Entwicklungs-Kultur-Lernen  neu er- schliesst *.  


* I.) Siehe auch Wirkkraftfeld eines Entwicklervorbildes


II.) Siehe auch " Die Zukunft des Straßburger Münsters und anderer gotischen Kathedralen " in Zukunft Straßburger Münster


III.) Siehe auch " Die Krise der Gesellschaft sind immer weniger Einzelne, aber die Zukunft der Gesellschaft sind immer mehr Ein-

zelne " in Gesellschafts-und Entwicklungsmensch

 

IV.) Siehe auch vom Bildungs-Kultur-Lernen zum Entwicklungs-Kultur-Lernen


> Die Kathedralenbauzeit betrug in der Regel 80 bis 100

Jahre. Deshalb sind die großen und bekannten französi-

schen Kathedralen oft innerhalb eines Jahrhunderts vollendet worden. Aber es gab auch etliche Kathedralen,

an denen wegen notgedrungener Baupausen 150, 200 oder 250 Jahre gebaut wurde und das kunstfertige Werk vieler Generationen war. Während der baulosen Zeit ist aber auch

die Bauformensprache vorangeschritten und es haben Stilverschiebungen stattgefunden. Deshalb reicht die Zeit-

tafel einiger gotischer Bauwerke von der Romanik bis in

die Spätgotik hinein. Der Frühling der Gotik beginnt in der Zeit von 1140 bis 1200, die Hochgotik war von 1200 bis 1270, die Royantgotik als das Welken in der Zeit von 1270-1375

und die Flamboyantgotik, welche das Ende dieses Baustils einläutete und die Zeit gegen den gotischen Baustil arbei-

tete von 1375- 1500. In der Nachgotik lebte der gotische

Bau-til auch ausserhalb seiner Epoche fort und ist als Barockgotik als Mischform zwischen Barock und Gotik so-

gar in der Barockzeit nachweisbar. Im 19. Jahrhundert fand der Baustil der Neugotik als Spielart des Historismus neues Interesse. Aber die Hauptepoche der Gotik war spätestens zum Beginn der Renaissance vorbei, weil der Mensch und nicht mehr Gott das Maß der Dinge wurde und die Dies-

seits- und nicht mehr nur die Jenseits-Sichtweise im Blick-

winkelmittelpunkt des Menschen stand *.


* I.) Die Gotik war keine einmalige Erfindung mit einem erstmali-

gen sichtbar werden, sondern die neue Stilform entstand aus einer fliessenden Entwicklung heraus. Deshalb ist die oben genannte Peri-

odeneinteilung der Früh-,Hoch- und Spätgotik nur eine Grobein-

teilung.


II.) Nachdem Descartes im " cogito ergo "sum die Selbstgewissheit

des Bewusstsein behauptet und an die Stelle der Selbstgewissheit

der religiösen Erfahrung gesetzt hatte, hat die Philosophie der Neuzeit das Bewusstsein als alleinige Realität vertreten. Die Welt

ist vom " Ich" aufgebaut und deshalb ist das Denken in den Nihilis-

mus geraten. Der Mensch darf sich nicht auf Kultur und Bewusst-

sein begründen und sein Heil erwarten und seine Existenz davon abhängig machen und das in Wahrheit einer anderen Begründung bedarf, weil Kultur und Bewusstsein nur ein Ausschnitt und nicht

das Ganze darstellt. Das Bewusstsein des Menschen ist nichts gesichertes und konsistentes, sondern etwas ungewisses und labi-

les. Es bedarf nur einer Veränderung oder eine Krise, welche die Sicherheit des Bewusstseins erschüttert als Beweis, dass auf das Bewusstsein kein Verlass ist *.


* Dieser Textabschnitt wurde entnommen " Der Mensch in dieser Welt ",

Hans Zehrer, Rowohlt Hamburg, Stuttgart, 1948.


1.1 Willkommen im Licht - das Bauprinzip der Gotik

ist ein neues Verhältnis und Erlebnis zum Licht und Raum.

 

> Keine Kirchen sind so spektakulär und umgeben von so vielen Rätseln, wie die gotischen Kathedralen. Das stärkste Ausdrucksmittel der Gotik ist das Licht, nicht das natürli-

che, sondern das übernatürliche Licht, dessen Inhalt der Verwandlung und Erleuchtung der Menschen dient. Beim Neuplatonismus, der philosophischen Lichtgrundlage ist

das Licht die transzendale Wirklichkeit, die alles erschafft und den Geist erhellt und den Körper heilt. Das Streben

nach Licht als das Streben nach Höherem und einem mündigen, individuierten Menschen. In all seinen Formen

ist es das Prinzip der Gotik und das Licht ist die Hauptperson dieser Licht- und Illusionsarchitektur, wo das Licht als Bau-

stoff benutzt wird und der Lichteinfall irisierende Stim- mungen zaubert. Der niedrige Geist erhebt sich mit Hilfe

der schwerfälligen Materie  zum wahren Licht. Die Leucht-

kraft des Jenseits  erzeugt die übernatürliche Lichtstim-

mung, welche den gläubigen und nicht gläubigen Be-

trachter, den Ergriffenen, den Tourist wie Kunstliebha-

ber gleichermaßen in den Bereich des Jenseitigen entrückt. Die gotische Kathedrale will nicht allein für das Tageslicht transparent sein, sondern möchte in ihrer Gesamtheit für eine unsichtbare Wirklichkeit transparent sein. Das goti-

sche Licht ist kein von der natürlichen Aussenwelt herein-

kommendes, sondern von den Glasfenstern aus strahlen-

des, übernatürliches, wirkendes Licht. Das durchgelasse-

ne Tageslicht spiegelt eine unsichtbare, metaphysische

(heute würden wir sagen eine quantenphysikalische) Wirklichkeit wieder. Die Menschen erleben den Satz " Gott

ist Licht " und das Licht verleiht den Dingen ihre Schönheit. Materie wird zu Licht ist das Wesen der gotischen Kathe-

drale. Der abstrakte Geist liegt tiefer als die sinnliche Anschauung*.

 

* I.) Der Geist wird als die universelle Sprache unseres Universums betrachtet, in der Quantenphysik wird der Gottesbegriff zur Infor-

mation und in der Biologie gilt Licht als Schöpfung und Energie allen Lebens.


II.) Siehe auch " Das Licht der Gotik und der metaphysische Lichtsinn "

in Entwicklungsgotik

 

> Bei der Entwicklungsbetrachtung der gotischen Kathedra-

le geht es nicht um Rückfall und Romantisierung des ver-

sunkenen Mittelalters, aber das dunkle, drückende, un- wissende und düstere Mittelalter hat auch das hellste Licht hervorgebracht, zu keiner Zeit gab es so " grosse, geistige und geistliche Lichtgestalten " z.B. Meister-Eckhart und wurde so kulturtief und lebenswesentlich gedacht (Dieses  war auch die Zeit, wo viele neue Orden ihren Anfang nah-

men). Es ist nicht das unaufgeklärte Mittelalter, sondern

die helle Seite der Mystik als der tiefe (Glaubens)geist

dieser Zeit, welcher über die menschlichen Bedrängnis-

se hinweg tröstete. Das Mystische als eine Art gotischer Gottbezogenheit durchdringt alle Teile des gotischen Bau-

es und entwickelt sich dem Lichte entgegen. Gott ist rein, klar und nur Licht und deshalb kann Gott nirgends gefun-

den werden als im Licht (Frieden). Die Theologie der Meta-

phormose des Lichtes besagt, dass die wesenhafte Gott-

substanz Licht ist, was auch quantenphysikalisch" einleuch-

tend " ist *.


* I.) Gott ist Licht. Das ist eine grundlegende Erkenntnis der modern-

enQuantenphysik. Die kleinsten Teilchen, die für das Auge unsicht-

baren Schwingungen, die meinen Körperformen, sind informierte, hochfrequente Photonen (= Lichtteilchen/Lichtschwingungen).

Mein ganzer Körper,jedes Organ, jede Zelle ist zusammengesetzt

aus unzähligen solcher Lichtteilchen, aus informierten, in unter-

schiedlichen Frequenzen schwingenden Photonen. Aus solchen Photonen setzt sich überhaupt die ganze Schöpfung zusammen.

Alles ist aus Licht gemacht und kommt aus dem LICHT. Durch die unterschiedlichen Frequenzen, in denen dieses Licht vibriert, ent-

steht der Eindruck der Vielfalt des Lebens. In der Tiefe aberbesteht alles aus der gleichen Substanz: Licht*.


* Die Lichtfibration ist bei dem meisterhaften Landschaftsgemälde " der Sämann bei untergehender Sonne " von Vincent van Gogh spür-

bar sichtbar.


II.) Die Wissenschaft lehrt uns, dass die Reizung unserer Sinnesorga-

ne durch Lichtwellen und Moleküle die einzige Quelle unserer In-

formationen zur Welt sind. Bewusstseinsentwicklung wird als die Wahrnehmung von Veränderung definiert und es ist der Entwick-

lungs-Lebens-Werde-Formwille-Prozess in der Geistdurchdrungen-

heit, wo dieses Bewusstsein gebildet wird. Der Entwicklungslern-

prozess ist eine dynamische Auffassung der Formenerfassung

als Prozessprägekraft des Formens, wo das Gestaltlose, Innerliche

des Entwicklungsgeschehens durch Transzendierung " als Kern-

spaltung des Individualisierungs-Seins( Individual-Logos) " zur Wissens-Form-Klarheit transformiert wird, wo das Innerliche veräusserlicht und eine Nichtform in eine neue (Wissens)form gebracht wird. So erfolgt wissenschaftlich unscharf gesagt in

 der " Entwicklungs-Auseinandersetzungs- Prozess-Bewegung "

die Neuschöpfung im und durch das Licht. Licht ist die eigentliche Substanz von allem was wir in der Raum-Zeit-Realität wahrnehmen. Licht hat transformatorische, transzendierende Eigenschaften und

ist das Prinzip für alles.  Licht ist Mittler zwischen körperlichen und unkörperlicher Substanz als das schöpferische Prinzip, das alles Wachstum auf Erden hervorbringt.


III.) Siehe auch: " Das Licht der Gotik und der metaphysische Licht-sinn " in Entwicklungsgotik


> Die Mystik gilt als Höhepunkt europäischer Kunst und der geistigen Entwicklung. Dunkel und schwer ist das Wesen, aber hell und leicht ist die Wirkungsweise als die transfor-

matorische Kraft des Lichtes, weil es eine höhere Schwin-

gung hat als das Dunkle. Es ist auch das "Hässliche und Groteske als der Wahrheitsanspruch" des französischen Schriftstellers Victor Hugo, weil die Tugend nur in der Versuchung mit der Untugend vollbracht wird. Es ist die Unruhe der gottsuchenden Seele, weil diese aller Ruhe Suchziel bleibt als Entwicklungsdrang und Entwicklungs-

trieb, welche nach oben dem Licht entgegen strebt und deshalb ständig auf der Suche ist. Gotik und Mystik be-

dingen sich gegenseitig, weil die Baukunst dem Men-

schen das Göttliche nahe bringen will. Mit der Mystik

setzt das sinnliche Element der Gotik ein und Mystik beinhaltet immer Evolution. Gott lenkt und leitet die Schöpfung durch die Prozesse der Evolution hindurch und denkt sich entwickelnd in der Evolution. Evolution ist

keine Ersatzreligion, sondern nur der persönliche " Ent-

wicklungs-Such-Weg zum Erkenntnis-, Lebenssinn- und Individualisierungs-Licht " zu gelangen. Deshalb ist das Christentum nicht mystisch, sondern nur die Welt. Des-

halb ist auch  die Mystik eines Meister Eckhart nichts abgehobe nes, weltfremdes, kontemplatives, klosteraffi-

nes und nur für wenige Einzelne, sondern nur eine für jedermann selbstverständliche, nachvollziehbare Wirk-

lich keitsdimension einer wesen-und naturhaften, not-

wendigen Religiosität, wo es den Dualismus "Gott-Welt". nicht gibt. Das tiefste Wesen der Religion lässt sich nicht säkularisieren, aber es lässt sich im Leben erfahren. Durch die Auflösung in das Leben wird das Religiöse entmystifiziert und ist lebensnormal und so real wie die Hand am eigenen Arm. Religion gehört konstitutiv zum Menschsein. Deshalb ist jeder Mensch religiös. Die Religion und der Glaube an

Gott sind vom Menschen als Anlage mitgegeben. Alle Lebensfragen werden behandelt, als wenn sie Religion wären. Religion als solche muss keiner Denkbehandlung unterworfen werden*


*I.) Das Ende der Evolution wäre, wo Diesseits und Jenseits eins wären als die Überwindung der Subjekt-Objekt-Spaltung (Karl Jaspers, Philosoph). Die Überwindung des Dualismus geschieht von der gotischen Kathedrale und dem Rathaus als Spaltung von Gott und
Welt( Jenseits) zur gotischen Kathedrale, wo durch das gotische Lernprinzip (Diesseits) dieser anachronistische zwei-Welten-Dua-

lismus aufgehoben und zur Einheit gebracht wird.


II.) Das Religiöse lässt sich vom Entwicklungs-Lebens-Individualisie-

rungs-Prozessakt nicht trennen und ist, wenn religiös gedeutet, immer mitgegeben. In der persönlichen Entwicklung liegt alle Reli-

gion eingeschlossen, die der Mensch braucht. Die religiöse Deutung  der Evolution (d.h., wer an Gott glaubt, was Gott im Lebensalltag

mit mir vor hat)  und vom Leben her entwicklungsindividualisie-

rungsmässig zu denken ist das, worauf es nur ankommt. Die Zu-

kunft aller Religionen besteht in der natürlichen Religiosität, wel-

che dem Menschen eigen ist als die Entwicklung zur individuellen Menschwerdung.


III.) Das Individualisierungsprinzip wird sakral begründet, weil jeder Einzelne vor Gott gestellt ist als "Individualisierungs-Lebens-Bring- schuld Prinzip einer Entwicklungslosigkeit". Nur die nichts gleich sind, sind Gott gleich ". Der Gottesbegriff wird religiös aus der persönlichen Situation des Einzelnen heraus entwickelnd interpretiert. Gott wirkt sich selbst, sucht nichts ausserhalb seiner selbst und durchwirkt die Welt in dem " Auseinandersetzungs-Entwicklungs-Prozess-Transzen-

dierungs-Geschehen " und deshalb ist Gott mir nahe. Durch mein gelebtes, geatmetes Leben bin ich Gott unmittelbar (ich atme nicht, sondern ich werde geatmet). Im selbstwirkenden Entwicklungs-

prozess wird Gott  erst Mensch, ohne Entwicklung nicht. Er muss Mensch werden, um sich selbst sein und selbst werden zu können

und bekommt erst durch meine Entwicklung seinen individuellen " Lebens-Gesichts-Werdeausdruck " und seinen Namen. Gott braucht mich, dass er sich werden kann. Deshalb ist  Gott mir näher, als ich ( " mein Ego ") mir selber bin.


IV.) Die philosophische Schule der Mystiker, besonders in der Rhein-

ebene beeinflusste die neue Frömmigkeit der Menschen. Die eks-

tatische Suche nach Gott in der mystischen Eins-Werde-Erfahrung findet sich z.B. in der Dynamik der Baugestalt, im Vertikalen des Kathedralenbaues, im Raumideal der Tiefenbewegung und Licht-

durchflutung wieder. Der grösste Vertreter der deutschen Mystik

ist Meister Eckhart. Eckharts Aufenthalt in Straßburg, oft als sein " Straßburger Jahrzehnt " bezeichnet, soll von 1313/1314 bis 1322/1324 gedauert haben und hat auch im Straßburger Münster (Baubeginn 1176) gepredigt. Es ist die Überwindung der passiven, kontempla-

tiven, weltverneinenden Klostermystik durch eine aktive Welt und das Leben im höchsten Maße bejahende Lebensmystik, deren

tätiges, ethisches Handeln aus dem tiefsten Inneren angestos-

sen wird. 

 

V.) Siehe auch die Mystik eines Meister Eckhart

 

VII.) Der gotische Baustil ist voller Mystik wie eine Barockfassade, ein Gedicht von Johann Wolfgang Goethe, Beethovens Sextett, wie jedes Kunstwerk von Rang oder alles, was das seelische Innenleben befruchtet und erhöht.

 

VIII.) Mystik beinhaltet immer Evolution und Evolution und Schöp-

fung sind das Gleiche. Es ist die Überwindung der spekulativen

Mystik der Gotik mit dem Ziel der Gotteinswerdung als " Unio Mys-

tica " (vita contemplativa) als geistliches Fühlen zur Entwick-

lungsprozesserfahrung und Lebensdialektik als säkularisierte Mys-

tik und entmystifizierte Religion des Alltags, welche zur prakti-

schen Lebensveränderung führt (vita activa als Entwicklungsfüh-

len eines Wahrnehmungs- und Beurteilungsmusters).

 

IX.) Jede Wissenschaft war einmal Pseudowissenschaft  und Speku-

lation wegen dem mangelnden Erkenntnisstand. Alles was früher einmal  Mythos war, wurde zur Theologie, die Metaphysik zur Physik, der Determinismus zum Indeterminismus, der Dualismus/Rationa-

lismus zum Universalismus/Interverbundenheit und die Kausali-

tätsprämisse zu den Wechsel- und abfolgenden Zusammenheits-

wirkungen. Die Physik (Aufklärung), Philosophie (Vernunftsein-

sicht) und Theologie (Glauben) sind durch die Quantenphysik (Aufklärung der Aufklärung) abgelöst worden. Die Frage ist, ob die Quantenphysik die Erkenntnisideen der Mystik als die Urquelle

aller Religion wiederspiegelt ? Es muss ganz klar gesagt werden,

dass die Quantenphysik kein Beweis für die Mystik ist und dass

z.B. die " Schroedingersche Wellenfunktion " absolut nichts mit

einer spirituellen Wirklichkeit zu tun hat, abgesehen davon, dass

alles eine geistige Manifestation ist. Wenn wir annehmen, dass der derzeitige Erkenntnisstand der Quantenphysik nur von einer ande-

ren Perspektive aus betrachtet die Lehren z.B. des Mystikers Meister Eckhart wiedergeben, muss das in die wissenschaftliche Irrtumsecke gestellt werden, obwohl viele Parallelen gegeben sind.


X.) Eine Erleuchtung findet auf einer unaussprechlichen Bewusst-

seinsebene statt, die erst im jahrelangen, kontemplativen Ringen

von einem religiösen Genie durch die " Gnade " erreicht wurde

und tiefer liegen muss, während die Quantenphysik eine natur-

wissenschaftliche Theorie wie jede andere auch, " nur " durch intellektuelles Nachdenken und durch das Lernen von mathe-

matischen Gleichungen rational zu verstehen ist. Es ist ein wis-

senschaftliches, intellektuelles Konzept, fast am maximalen Grenzwert und am Gipfelpunkt des linearen Denkansatzes des Verstandes, der Logik und der Vernunft, aber beweisbar und mess-

bar. Die Erfassung und Formulierung  eines Gesetzes durch die

Quantenphysik ist aber noch nicht das Gesetz der Entwicklungs-

reife, die einem geschenkt wird und nicht über noch mehr Bil-

dung zu erlangen ist. Wenn Quantenphysiker Mystiker und

gläubig waren und sind, dann nicht wegen, sondern trotz der Mikrophysik. " Gott wird als allumfassende Liebe " von den Mysti-

kern angesehen und wer religiös veranlagt ist, wird nicht bezwei-

feln, dass das Ganze viel mehr ist, als die Summe seiner Teile und

nur Energie und Information, an  den er glaubt. Die Quantenphy-

sik in Augenhöhe mit der Mystik zu stellen käme einer transzen-

denten Erhöhung der Wissenschaft gleich. Die modernen Mikrowis-

senschaften, welche mit Geist, Bewusstsein, Freiheit und ande-

ren Wertbegriffen operieren, werden als unwissenschaftlich ange-

sehen, weil diese nicht die Auswahlkriterien der wissenschaftlichen Betrachtungsweise erfüllen, aber gerade erst diese Geist-Kriterien sind nachweislich wirklichkeitserschaffend. Der Gegenstand als Objekt der Sinne richtet sich ganz nach der Beschaffenheit unse-

res Erkenntnisapparates. Die Realität wird erst durch Beobachtung geschaffen oder eine Erscheinung ist nur eine Erscheinung, wenn

sie eine beobachtete Erscheinung ist, sagte  Niels Bohr, dänischer
Physiker und Nobelpreisträger "einst.


* Dass seit der Renaissance gewachsene Vertrauen in den Ver-

stand ist durch die Quantenphysik wieder gesunken, weil es als gesichert gilt, dass die Naturwissenschaft aus Irrationalismen be-

steht und die Ratio deshalb nicht als absolut gesetzt werden kann und somit unzuverlässlich ist. In der Makrophysik herrscht immer noch der Mechanismus, in der Mikrophysik aber scheint ein neues Element der Freiheit aufzutauchen. Diese Spaltung hat dazu geführt, dass die heutige Naturwissenschaft zwei Weltbilder besitzt.

G

XI.) Alles wurde mit Entwicklungsmöglichkeiten und Entwicklungs-

eigenschaften als Mittel zum Individualisierungszweck geschaffen. Dieses kann als eine höhere Entwicklungsstufe der Materie als verdichteter, gebundener Geist, welcher für den Geist geschaffen wurde betrachtet werden, um sich von ihr zu befreien. Entwick-

lungseigenschaften, Entwicklungswerte, Entwicklungsattribute und Entwicklungstugenden sind gotische Kathedralsbauprinzipien und führen zu mehr Gott(entwicklung). Was zu mehr Gottentwicklung führt, wird als wertvollster Schatz der Menschheit betrachtet.



1.2 Formensprache und Symbolik der Gotik.

  

> In der Architektur wird unterschieden in Früh-, Hoch- und Spätgotik, die sich in den verschiedenen Regionen unter-

schiedlich entwickelten. Die französischen Kathedralen von Saint-Denis (Pariser Becken) in Sens (Burgund) gelten als Initialbau  und das reine Stilideal hat sich erst in den Kathe-

dralen Chartres und Reims gebildet *.


* I.) Die Kathedrale Saint - Étienne (St.Stephans-Kathedrale) in Sens wurde ab 1140/45 errichtet und gilt als die erste gotische Kathedrale, während Saint Denis eine ehemalige Abteikirche gewesen ist.

II.) Wie wohl kein anderes Heiligtum war die gotische Kathedrale von Chartres (Cathédrale Notre-Dame de Chartres) das Werk und die Leistung ganz Frankreichs. Kein Kunstwerk unserer Zeit, welches auch immer, lässt sich auch nur im Entferntesten mit diesem ver-

gleichen, was damals eine ganze Generation in einen Baurausch versetzte, alle Energien, alles Geld und Bauhilfsmittel für die Er-

richtung jenes steineren Kolosses zu verwenden, der zwischen

1194 und 1220 unaufhaltsam und atemberaubend über die Stadt empor wuchs.

III.) Die füllenden Flächen der Baumasse des Vorgängerbauwerkes

der Romanik sind in einer hochaufstrebenden Skelettbauweise vollkommen aufgelöst. Die entmaterialisierte und massenent-

schwerte  Westfassade erscheint wie eine mächtige Skulptur.

 

> Die gotische Kathedrale vereinigt drei Temperamente.

Es sind die normannische Elemente (konstruktives, küh-

nes und hochragendes), keltische Elemente (Phantasie, übersteigendes, farbenglühendes, träumerisches) und mittelmeerländische Elemente (sinnliches und bild-

hauerisches)." Die Gotik ist in allen ihren Formen ungrie-

chisch und entspringen in erster Line nicht der freien Vernunft, sondern fliessen aus einem stark okkupierten Gefühl. Der griechische Geist hat seinen Gestaltungswillen überwiegend in der Profankunst und der gotische Geist in der Sakralkunst. Die römischen Völker haben sich der

griechischen Formen bemächtigt, die nordischen Völker dagegen haben dauernd geschwankt zwischen dem Griechischen und dem Gotischen. Der auf germanische Initiative, zurückführende gotische Stil ist nicht nur ein Gebilde des nordischen Mittelalters, sondern ein Lebens-

grund-Urgefühl, was immer gegenwärtig war, wenn in Eu-

ropa oder sonst irgendwo etwas Neues mit elementarer Kraft zutage trat *.


* In inhaltlicher Textanlehnung an Karl Scheffler, deutscher Kunstkritiker und Publizist.


> Die Gotik orientiert sich nicht an antiken Vorbildern. Es  war ein eigener Stil, der sich aus der aktuellen Gesellschaft heraus entwickelte. Sie ist auch nicht vom Himmel gefallen und einzelne Formenelemente befanden sich auch schon in romanischen Bauten. Die konstruktiven Voraussetzungen der Gotik sind in der Romanik geschaffen worden und

Kreuzrippengewölbe, Strebewerk und Spitzbogen sind

keine genuinen Erfindungen der Gotik. Die frühgotische Architektur ist nicht die Erbin, sondern kann als Rivalin

der romanischen Architektur betrachtet werden. Sie ist bewusst im Gegensatz zu ihr geschaffen. Die gotischen Architekten machen sich dieses Erbe zu nutze, aber sie formten all jene Bauelemente in einer Weise um, die ein neues, anti-romanisches Architektursystem als Ausdrucks-

gestalt einer neuen religiösen Thematik ergab und eine

sehr freie, unabhängige Stilepoche begründete, welche

eine neue, vollkommene (Licht)idee verwirklicht. Es war

Abt Sugar, der in der Abteikirche in St. Denis (Pariser

Becken) zum ersten Male diese Stilelemente in einem Baukörper zusammengefasst hat. Abt Sugar konzipierte

die Kathedrale theologisch und bezieht sich auf die Schrif-

ten des Schutzheiligen Dionysius dieser Abtei. Die Licht-

wirkung und Lichtwirkkraft stand im Mittelpunkt für

die neue Bauarchitektonik. Er war von dem Wunsch und

dem Willen erfüllt, dem Stil des Kirchengebäudes mit

jener überirdischen Vision in Einklang zu bringen, die für

die Umwandlung der Romanik in die Gotik im Grunde genommen verantwortlich ist *.

* I.) Wie alle bedeutenden Leistungen des menschlichen Geistes

sind auch die großen Kunstwerke Produkt eines dialektischen Prozesses. Gäbe es die Polarität nicht, gäbe es auch keine Ent-

wicklung, weil nur Widerspruch als Polarität der Entwicklungs-

spannungs zustand entsteht. Im Lebenswiderstand liegt die

Quelle und Triebkraft aller Entwicklung und dieser ist  komple-

mentär lebenszugehörig  Ein grosses Kunstwerk entsteht aus

dieser Wechselwirkung. Es ist im wesentlichen Kritik an seinem Vorbildes und seiner Quelle. Je bedeutender der Künstler umso, ausgesprochener werden in seinem Werk zerstörerische Tenden-

zen  gegenüber dem Einfluss hervortreten, an dem es sich entzün-

det hat.


II.) Siehe auch Entwicklungs-Individualisierungs-Lebens-Widerspruch

> Dieser Baustil wurde innerhalb von hundert Jahren zu

einer Erfolgsgeschichte für viele weitere gotische Kathe-

dralen. Das architektonische Konzept der Gotik ist es, Kreuzrippengewölbe, Spitzbogen, Pfeiler, und Strebewerk

so miteinander zu verbinden, dass eine Baukonstruktion entsteht, die ohne massive Stützwände funktioniert. Vereinfacht gesagt dient das gotische Kreuzrippengewöl-

be dazu, den seitlichen Druck in senkrechten Druck um-

zuwandeln. Auch die filigrane Architektur ist so typisch

für die gotischen Kathedralen. Praktisch ist jedes Element des Baukörpers tragend und stabilisierend. Die Aussen-

stützen sind kein Zierwerk, sondern gehören elementar

zur Stützung der Gesamtkonstruktion. Durch das seitliche Stützwerk ist es möglich, den so genannten Gewölbe

(druck)schub, nicht mehr alleine von den massiven Säulen und Wänden aufzufangen, sondern die Gewölbeschubkräfte

über das Pfeilersystem auf die steineren Aussenstreben abzuleiten. Die steinernen Gewölbe, Streben, Pfeiler und Pfeilerbündel sind wie ein Strukturwerk der Kräfte, wel-

che das Dachgewölbe tragen. Überall wirkt das Gesetz

der Auflösung. Im Vorgängerbaustil der Romanik waren

es noch die massiven, mächtigen Mauern, welche die Stützlast übernahmen. Wer keine Mauern benötigt, hat

Platz für grosse Fenster. Es ist das neue tektonische Verhältnis zwischen Funktion, Form, Struktur und der Erscheinung als auch die besondere Bedeutung des Lich-

tes mit einem eigenen Architektursystem, Bauvokabular

und einer Reihe neuer Architekturelemente wie:


 - dem Strebesystem als die steineren Kraftlinien der Gotik

als Betonung der Vertikalen als Emporgipfelung (des hinauf  zu Gott) und himmelwärts strebend.


- der Spitzbogen mit seiner Offenheit und besseren Schub-  ableitung im Gegensatz der Geschlossenheit und Ruhe des romanischen Rundbogens.


- die Entschwerung der Mauermassen durch Auflösung des  Mauerwerks in Fenster und Pfeiler als Voraussetzung für  den Illusionismus des schwerelosen Raumes, wo die Wuchtigkeit der Kathedrale gebändigt wird.


- die Raumvereinheitlichung statt Raumaddition.


- das Kreuzrippengewölbe statt Maßwerk und andere Zierele-

 mente.  


- Bündelpfeiler und Kapitelle statt antikische Säulen und rundbogige Arkaden.


- filigrane, schwerelose Skelettbauweise und große Zierfreude statt massive, voluminöse und wuchtige Bauweise.


- dreigeschossige Hochschiffwand (Arkade, Triforium, Obergaden), Gaden/ Lichtgaden/Obergaden (Fensterzone im erhöhten Mittelschiff einer Basilika oder Chorumgang)


- Fenstermalerei statt Freskomalerei.


- Zwei- und Einturmfassade.

- Gewändefiguren, Ziergiebel (Wimperg) und mit Tabernakeln verzierte Strebepfeiler schmücken die Fassaden.

   

- ein zentrales Zierelement der Gotik ist das Maßwerk. Es ist ein für die Gotik  typisches Bauornament, das aus geome- trischen Formen heraus entwickelt wird. Neben Maßwerk- fenstern mit Spitzbogen sind diese Muster auch in den kreisrunden Rosettenfenstern wieder zu finden. Das Blend- masswerk ist eine der Mauer vorgegebene Verkleidung mit Masswerkdekorationen. Im Gegensatz dazu bezeichnet    man frei vor der Wand stehende Masswerkdekorationen

als Schleiermasswerk.


- weitere gotische Architekturelemente sind das Tympanon (Bogenfeld über dem Portal),der Schlussstein (Stein im Scheitel eines Bogens oder im Knotenpunkt der Rippen), Arma Christi (Leidenswerkzeuge sowie zeichenhafte Motive für Ereignisse im Rahmen der Passion Christi) und der Kreuzgang (viereckiger, von Arkadengängen geschlossener Hof, der an der Kirche angebaut ist. Kreuzgänge befinden sich sowohl bei Stifts-, und Dom- als auch bei Klosterkir-

chen).


- Der gotische Baustil ist die Überwindung der Romanik mit über 250 Jahre Experimentierfreude und kühnen Irrtums- bauten (Auflösung der Wandflächen, Spiel mit Kräften, Schwerelosigkeit und wenig Körperlichkeit statt Stein-

schwere, Raum des Lichtes statt Dämmerlicht, Höher-und Auflösungsdrang statt Verfestigung, Strebesystem statt Wucht und Expressivität der Mauermassen, verräumlich-

te Freiarchitektur etc.) *


*I.) 1284 kam es in der Kathedrale von Beauvais zur Katastrophe,

als sich der Konstruktionsentwurf als zu wagemutig erwies und ein Teil des Gewölbes einstürzte. Der Bau war keinesfalls vollständig zusammengebrochen; aber der Wiederaufbau sollte Jahrzehnte, länger als der ursprüngliche erste Bau des Chores, dauern. Am 30. April 1573, an dem Christi Himmelfahrt gefeiert wurde, kam es kurz nach Verlassen der Kirche durch die Prozession zur zweiten Katas-

trophe von Beauvais. Die Stützpfeiler des Vierungsturmes konn-

ten dem Druck nicht mehr standhalten und zerbarsten, der Turm sackte in sich zusammen, wobei zusätzlich große Schäden an Chor und Querschiff entstanden. In den nächsten fünf Jahren wurden die Trümmer sowie die Schäden an Chor und Querhaus beseitigt. Das Vierungsgewölbe wurde wieder instand gesetzt und mit einem Dach geschlossen, die Kathedrale nach Westen mit einer provisorischen Wand abgeschlossen. Damit waren die Geldmittel für den Lang-

hausbau aufgebraucht, die Kathedrale blieb unvollendet.


II.) Das Romanische und gotische Materialismusprinzip ist das dialektische Lebensprinzip schlechthin.


III.) Bei einer innerlich begründeten Einteilung müssen Stilperiode und Geschichtsepoche zusammenfallen, denn der Stil ist immer Ausdruck des Lebensgefühls einer Zeit und ein neuer Stil beweist

das Vorhandensein eines neuen anderen Lebensgefühls. Stets voll-

zieht sich der Übergang von einem Stil zum anderen allmählich, weil bei einem ganzen Volke eine neue Gedankenrichtung sich nur mit der Zeit durchsetzen kann. Ein Stil entwickelt sich aus dem anderen, entweder in gleicher Richtung, sich steigend oder als Reaktion ins Gegensätzliche. Ruhe und Bewegung wechseln wie Aufstieg und Niedergang *.


* Aus " Geist und Antlitz der Gotik" , Wihelm Müseler


IV.) Obwohl der Besucher so einsam in dieser grossen Halle steht, wird er das Gefühl haben, nicht alleine zu sein. Gleichsam sprechende Mauern umfangen ihn, die Kathedrale betrachtet ihn wie ein Lebewesen, die Formen klingen und sprechen.


V.) Siehe auch den Gliederungspunkt die Gegenüberstellung " Romanischer-Gotischer Baustil " in Entwicklungsgotik 8


> Der dynamische Baustil ist so vorherrschend, kein ru-

hender Bau und alles ist in Bewegung, dass alles andere nur als Mittel zu diesem Zweck erscheint d.h., alles in der Welt nur Zeichen ist und dient, um Gott näher zu kommen und das Zweckmässige sich zur Monumentalität steigert. Die Ruhe ist voller Spannung, weil Ruhe, Frieden und Freiheit bleiben aller Unruhebewegung Suchziel ist. Die Wirkein-

heit geht über das Wirken zur ruhenden Einheit, in der kein Wirken und werden mehr ist*.


* I.) " Jegliche Kreatur ist Gottes voll und ist ein aufgeschlagenes

Buch und wer darin recht zu lesen weiss, der braucht keine Predigt mehr "oder " Jegliche Kreatur ist Gottes voll. Das Viele ist nur da, um zu dem Einen (Gott) zu gelangen " *.


* Siehe auch Meister Eckhart


II.) Wie bei allem Geschichtlichen handelt es sich bei der gotischen Architektur nicht um ein zu einem bestimmten Zeitpunkt plötz-

liches, neues Baustilereignis und um unvermitteltes, spontanes Dasein, sondern um einen fliessenden Prozess, der weder beginnt noch endet, sondern ineinander übergeht.


III.) Die Auflösung und Vergeistigung des Mauerwerks, um den

Genius der christlichen Religion in neuer architektonischen Form

zu vermitteln, wird durch moderne Quantenphysik bestätigt. Es

ist die Tatsache, dass es ohne (Entwicklungs)-Geist-Transzendie-

rungs-Bewusstsein keine Materie gibt, alle Dinge nur in Beziehung zum Bewusstsein existieren und dieses-Bewusstsein sich mate-

rialisiert und zur Realität wird. Nicht die sichtbare Materie, sondern der Geist ist das Wirkliche. Alle Materie ist nichts anderes als ver-

körperte Lebenskraft, dass in geistige Lebenskraft wieder verwan-

delt werden kann. Alles Materielle auf der Erde ist nichts ande-

res als verdichtete, materialisierte, geistige Schwingung. Verein-

facht gesagt ist die Naturwissenschaft nicht materialistisch, son-

dern gehört der Sphäre des Geistes an. Primär existiert die Materie gar nicht, sondern nur das Verbindende ohne materielle Grund-

lage, was wir Bewusstsein nennen können, obwohl ein natur-

wissenschaftliches Verständnis von Bewusstsein nicht vorliegt

und auch bei den klassischen, materialistischen Naturwissen-

schaften kein Platz für Bewusstsein ist. Die Materie ist letztend-

lich nicht aus grobstofflicher Materie zusammengesetzt und auf

einen Urstoff begründet, sondern die feinstofflichen Strukturen

des Entwicklungs-Geist-Transzendierungs-Lebens sind die eigent-

liche Wirklichkeit und beruhen auf immateriellen Beziehungen

der Information.   


IV.) Das Atom ist kein toter, lebloser Baustein, auf dem sich das

Gebäude des Materialismus und Mechanismus errichten lässt, in

dem der Rationalismus und Intellektualismus geborgen und ge-

sichert sind, sondern das Atom ist ein lebendiger Mikrokosmos der wie  in Subjekt verschieden reagieren kann. Die Grundlage, auf der

ich die klassische Physik aufbaut, aus Massepunkten bestehende materielle Welt, ist in die Auflösung geraten. Die neue auf Licht

und Materiewellen begründete Quantenphysik, die mit Unschär-

febeziehungen, Unbestimmtheiten, Ungenauigkeit und Wahr-

schein lichkeiten rechnet, führt wieder so in die rätselhafte Welt,

in der das Kausalgesetz zu mit seinem Determinismus versagt und

der Zufall, Bewusstsein und Freiheit wieder eine Rolle zu spielen beginnt*.


*Nichts ist in unserer Wirklichkeit ohne Bewusstsein. Was wir äus-

sere Gegenstände nennen, ist nichts anderes als blosse Vorstellung. Der Gegenstand als Objekt der Sinne richtet sich ganz nach der Beschaffenheit unseres Erkenntnisapparates und wird in der Entwicklungs-Transzendierung geschaffen. Die mentale Vorstel-

lung einer Struktur bewirkt ihren Aufbau  als psychisch-genetische Kraft. Beobachtete Photonen (Lichtteilchen) verhalten sich, was

man sehen möchte." Die Realität wird erst durch Beobachtung geschaffen oder eine Erscheinung ist nur eine Erscheinung, wenn

sie eine beobachtete Erscheinung ist, Niels Bohr, dänischer Phy-

siker und Nobelpreisträger "Bei der wissenschaftlichen Mikrophy-

sik sind es aber gerade diese naturwissenschaftlichen, ausge-

schlossenen Entitäten wie Geist, Vorstellungskraft, Bewusstsein, Freiheit, Gewissen, Glauben  die Kraft  des Wirkens, " des Wahr-

machens ", der Materialisierung und das ist unbestritten genauso wissenschaftlich. Die Dinge sind, weil sie erkannt werden. Die Erkenntnis richtet sich nicht nach den Gegenständen, sondern die Gegenstände richten sich nach der Erkenntnis aus


V.) Karl Scheffler, deutscher Kunstkritiker und Publizist beschreibt

so meisterhaft das architektonische Erlebnisgefühl einer gotischen Kathedrale in Anlehnung wie folgt: " Der Raum wurde überhöht,

seine natürlichen Mauerngrenzen wurden gesprengt, ein System

von Pfeilern wuchs, voll eines dröhnenden Rhythmusses, teils in

die Höhe, das Licht selbst wurde romantisiert, indem man es durch farbige Fenster leitete und in allen Teilen des Doms, der ein Ge-

samt kunstwerk der Architektur, der Plastik und Malerei war, be-

gann ein Spiel mit der Konstruktion, mit dem Zweckhaften, bis

alles Materielle schließlich im Transzendenten verlor. Die Bauge-

winnung ist ganz auf Lichtwirkungen und Entmaterialisierung bedacht. Es überwiegt eine träumende  Bauscheinphantasie und

die erzeugte Stimmungslust selbst wird zum Element der Architek-

tur. Von einem subjektiven Willen durchbildet, dadurch kommt

erst in jede Form ein eigensinnig, genialisches Eigenleben. Nicht

die Wiederkehr des Gleichen ist das Prinzip der gotischen Bau-

weise, sondern die Abwandlung eines Formenprinzips durch viele Möglichkeiten, nicht Regelmässigkeit wird erstrebt, sondern Mächtigkeit, Originalität, Individualität, Freiheit und Fülle. Die Konstruktion im gotischen ist zugleich die Formwerdung, die das Objekt vernichtet, um es zu schaffen, weil immer nur das eine

durch das andere gefunden wird.


VI.) In der Kunstgeschichte z.B. wechseln die griechischen und die

gotischen Formenwelten mit einander ab, sie bestimmen und be-

einflussen einander, durchdringen sich bis zu gewissen Grade und wirken im  ewigen Wechselspiel gegeneinander. Jede Form ist Kunstsinne eine Ausprägungskraft, die einer seelischen Kraft ent-

spricht.


VII.) Die Details der Formensprache der Gotik lassen sich am besten verdeutlichen durch die direkten nachstehenden Vergleichskon-

traste zum griechischen Baustil. Beide Formen stehen sich so unterschiedlich gegenüber wie Mann und Frau. Der griechische

Geist betont die Durchbildung einer (repräsentativen) ausgefeil-

ten Form und es dominiert das Klare, Endgültige und alle Lebens-

schwere scheint gebändigt (Formfestsetzung), während der gotische Geist die symbolische Idee betont und es dominiert das Unklare, Werdende und alle Lebensschwere ist verneint (transzendiert). Der griechische Stil reiht gleiche Formen aneinander, will die Wieder-

holung derselben Form, die Wiederkehr des Gleichen und es über-

wiegt die Regel, die Gesetzmässigkeit das Allgemeingültige,

der Kanon die Tradition, das Wissen und die Praxiserfahrung und kann bequem übernommen werden, um die Wirkungen und die überlieferbaren, messbaren und erprobten Verhältnisse zu errei-

chen. Die Bauausführung dieser bedarf " nur " geschickter und sorgfältiger Steinmetze und sklavischer Arbeiter. Beim gotischen

Stil, wo die Einzigartigkeit, Individualität, Intuition, Spontanität

alles und das Neue durch Transzendierung des Alten die Regel ist

und das gotische Verbesserungs-Bau-Lernprinzip im Mittelpunkt steht, wohnt keine Allgemeingültigkeit inne. Jedes einzelne Bau-

glied erfordert ein dekoratives Eigenleben und um einen gotischen

Turm wirkungsvoll zu türmen bedarf schöpferischer, kühner Per-

sönlichkeiten und grosser Baumeister. Es beweist auch, das der

Geist der Gotik unendlich verwandlungsfähig ist  und dass er im-

mer in neue Formen zu schlüpfen vermag, doch stets sich selbst bleibt, immer und überall bildend am Werk sein wird, wo der Willenimpuls einer Zeit, eines Volks oder eines schöpferischen Individuums sich unmittelbar in Kunstformen verwandelt *.


* 1.) Siehe auch " Das gotische Lernprinzip ist die ständige Ver-

 besserung des Besten als das Neuartige zur Differenz zum Alten

als ein Optimierungslernen als das individuell Bessere. Besser geht immer, weil eine bessere Idee die vorübergehende durch Kritik im-

mer überwinden will " Die Kathedrale bleibt eine ewige Baustelle, immer im Werden und wird nie vollendet werden. Es ist jene Kraft,

die ständig ringt und darauf bedacht ist, das geschaffene Werk zu einer höchst möglichen Vollendung zu führen. Nur so wurde die

Gotik zu dem alles überragenden Baustil und es konnte erst die Bau-

stilreinheit entstehen " im  Gliederungspunkt " Das gotische Lern-

prinzip als Bau(lebens)idee, welches alle bewegt "im  Gotischen Lern-

prinzip


2.) Erst im dreizehnten Jahrhundert begann man zu begreifen, dass

es der Geist des Baumeisters war, der die gotische Kathedrale

prägte und nach menschlichem Maß wurde hier übermenschliches geschaffen.  Was die Dombaumeister in Stein empor führten, das entspricht auf philosophisch-theologischer Ebene den nicht minder kühn errichteten Ideengebäude, gestützt auf die Philosophie von Platon und Aristoteles, sowie auf die arabische Welt vermittelte Wissenschaft.


VIII.) Die Formen des griechischen Geistes vermitteln immer das Gefühl vollendender, meisterlicher Kunst, während dagegen alle Formen des gotischen Geistes von einer tiefsinnigen, volkstüm-

lichen Empfindung getragen werden. Wo feste Konventionen herrschen, will der andere die Konventionen durchbrechen und

sich ausserhalb von diesen bewegen. Der griechische Geist steht für eine lebensabstrakte, persönliche aber abgeschlossene Kultur der Ruhe, der Zufriedenheit, des Glückes und des Lebenssinnes, während der gotische Geist für eine lebensnahe, überpersönliche, offene Individualkulturentwicklung der Unruhe, der Unzufriedenheit, der inneren Suchzerrissenheit und des Unglücklichseins.


IX.) Der griechische Baustil ist symmetrisch rhythmisch mit einer begrenzten Anzahl von Möglichkeiten und ca. 50 Flächen. Der goti-

sche Baustil ist asymetrisch und unrhythmisch mit einer unbe-

grenzten Anzahl von Möglichkeiten und ca. 1000 Flächen. Hier spricht das mathematische Maß des Raumes und der Grundriss ist orientie-

rend begrenzt (Physik) und dort ist der Grundriss überorientierend und weist über sich hinaus (Metaphysik). Die griechische Form ist reliefartig, die gotische Form ist kubisch. Beim griechischen Geist werden Zeit und Raum exakt begriffen und sind feststehend. Beim gotischen Geist herrscht Zeitlosigkeit vor und der Raum scheint unaufhörlich in Bewegung zu sein. Die griechische Raumauffas-

sung beruhigt und erschafft auf allen Stufen Formen der Ruhe, der zufriedenen Sinnlichkeit und des Glück. Die gotische Raumauffas-

sung beunruhigt und schafft auf allen Stufen Formen, Unruhe,

Zweifel und Unglücklich sein. Der griechische Baustil ist wollend,

mehr ästhetisch geniessend und dient dem kulturellen Wohlge-

fallen. Der gotische Baustil lässt geschehen, ist mehr sittlich und dient einer reizbaren Idee. Was beim griechischen Baustil der Saal,

ist beim gotischen Baustil die Halle.


X.) Das griechische Kunstwerk besteht aus geistreich verbundenen Teilen. Bei dem Ersten ergibt die Summe der verbundenen Teile

ein mathematisch, trennbares  Sinnganzes. Das gotische ist immer

ein einziges, untrennbares Ganzes und die Summe der verbunde-

nen Einzelteile ergibt ein universelles, unzertrennbares Sinngan-

zes Gebilde des reinen Wohllautes und Verkörperung eines mehr durchgebildeten Stilpinzipes einzelner schöpferischer Baumeister-

individuen. Beim griechischen Baustil überwiegt das Allgemeine

als die Beziehung zu allem, während beim gotischen Baustil das Individuelle überwiegt als die Beziehung zu sich selbst und im Mittelpunkt steht. Der griechische Baustil wähnt sich endgültig

und kann deshalb bequem übernommen werden, die gotische Formenwelt ist individualgültig und weil einzigartig, nicht nachzu-

ahmen. Die erstere Formenauffassung fliesst aus der freien Ver-

nunft und das Formenverständnis entspringt aus einem okku-

pierten Gefühl. Im griechischen wird die Schwere gebändigt (Formfestsetzung) im gotischen verneint (Formtranzendierung).


XI.) Benutzt man einmal die die Terminologie des Philosophen Nietzsches, um die Gegensätze zu bezeichnen, so könne man die

Welt des dionysischen Geistes, die griechische Welt und des apolli-

narischen Geist geschaffen, die gotische Welt nennen.

XII.) Der gotische Geist ist viel mehr als nur ein Anreger und Wie-

dererwecker. Er stellt eigentlich das zeugende Prinzip als der männliche Teil der Kunst dar. Alles Männliche ist und bleibt im

Wesen barbarisch, muss es schon sein um seiner Aktivität willen. Völker, welche die Bestimmung haben sich zu kultivieren und end-

lich die Schönheit gebären, sind im wesentlichen weibliche Völker.


XIII.) Ursprünglich war die Kunst formenschöpferisch, mit deren

Hilfe Gott angebetet wurde. Und diese Formen waren wie von selbst gotischer Natur, weil sie aus der Sehnsucht und dem Leiden der Kreatur geboren wurde.

XIV.) Es ist von der gotischen Kathedrale, deren Wirkungsweise innen zu finden ist und von innen heraus erfolgt zum Entwicklungsmen-

schen, dessen Wirkungsweise im Inneren zu finden ist und von in-

nen heraus erfolgt. Nicht der Mensch macht Entwicklung, sondern

die Entwicklung macht den Menschen.

XV.) Der männliche, gotische Geist wirkt, überall wo er sich mani-

festiert, befruchtend, re- und evolutionierend als Aufbruchsgeist, aber er muss die Synthese und das Glück dem weiblichen, griechi-

schen Harmonisierungsgeist überlassen * .


*  Textabschnitte Von Nr. V bis Nr. XV In inhaltlicher Textanlehnung an Karl Scheffler, deutscher Kunsthistoriker und Publizist.

XVI.) " Wer die Geometrie (der Kathedrale) begreift, vermag in dieser

Welt alles zu verstehen " * 


* Galileo Galilei war ein italienischer Universalgelehrter. Er war Philosoph, Mathematiker, Ingenieur, Physiker und Astronom.


> Die mittelalterliche Kathedrale ist die  materielle Reali-

tätsabbildung der theologischen christlichen Philosophie.

Die Gotik wurzelt weitgehend in der religiösen Erfahrung

und war eine Verbildlichung der christlichen Ideenwelt

und bedient sich im großen Umfang der Symbolik und Allegorie als verschleierte Sprache und Urbilder als die tiefsten Empfindungen der abendländischen Seele. Die Architektur wird zum Stein gewordenen Sinn, welche

die Realitäts- und Wirklichkeitsebenen von Immanenz

und Transzendenz abbildet und zu einem in Stein gehaue-

nen Gottesgefühl und durch die Architekturelemente und Buntglasfenster zu einer Bibel werden. Die Mehrzahl der Menschen im Mittelalter konnten nicht lesen und schrei-

ben. Die dingliche Welt war überhaupt für sie nur als Symbol wirklich und der Bildsinn wurde durch die Symbolik in die mittelalterliche Sprache übertragen. Die Symbole waren Erkennungszeichen,mit denen religiöse Vorstel-

lungsbilder und heilige Botschaften ausgelöst wurden. Alle Stilmittel wie Buntglasfenster, bildhauerische Verkörpe-

rungen, Arabesken, Bildsäulen, Architekturelemente, Bildtheologie, Ornamentik etc. hatten eine heilspädago-

gische Aufgabe, Symbolik und religiösen Sinn (im Durch-

schnitt umfasste das Figurenprogramm als steingehauene, mystische Seelen einer grossen, gotischen Kathedrale ca. 2000 Plastiken, Portalskulpturen und Archivoltenfiguren. Jede Kathedrale galt ein Abbild des himmlischen Jerusa-

lems (12 Türen, 7 Kapellen, 3 Eingänge etc.). " Sie war das Zelt, wo Gott vereint mit den Menschen wohnt ". Der Grundriss der gotischen Kathedrale ist das lateinische

Kreuz.


>  Der Baumeister Villard de Honnecourt vergleicht den menschlichen Körper als Kreuzform mit dem Kreuzgrund-

riss der gotischen Kathedrale. Das Langhaus ist der Leib,

die Querschiffe sind die Arme, das Herz ist der Altar und

der Kopf als Sitz des Geistes ist das Chor. Christus ist als tragender Pfeiler und als Säule symbolisiert und auch die Säulen und Pfeiler entsprechen den Aposteln und Propheten, welche den christlichen Glauben tragen. Die Portalskulpturen symbolisieren die christlichen Gebote

wie z.B. " die Tugenden Gut und Böse “, welche als Plastiken paarweise gegenüber stehen. Der Mensch wird beschützt von den Engeln, Propheten und Heiligen, die als Skulpturen an Säulen, Aussenwänden und besonders zahlreich an der Westfassade einer gotischen Kathedrale angebracht sind.

Die kosmologischen, sonnenbildhaften Radfenster sym-

bolisieren Christus als " lux mundi und lux vitae " und

die Bleifarbglasfenster sind Bildträger theologischer Heilsprogramme. Der Haupteingang einer gotischen Ka-

thedrale mit seinen Reliefen erzählt steingemeißelte Sze-

nen aus der Heilsgeschichte. In der westlichen Portalanlage wurde oft " das Jüngste Gericht " abgebildet ;im Zentrum thronte Christus als göttlicher Richter umgeben von den Aposteln und den Engeln. Die Ausrichtung der gotischen Kathedrale nach Osten zeigt, von wo die Erlösung erwartet wurde (ex oriente lux). Die westliche Himmelsrichtung

steht für Sonnenuntergang  als Symbol für das Sterben.

Das Eingangsportal an der Westfassade wurde als Tor des Himmels " porta coeli “ verstanden in Anlehnung an Chris-

tus ist die Tür zum Heil und der hohe Münsterturm,

welcher den Himmel berührt, steht für die Nähe zu Gott

und die Lebensblickrichtung als " Finger Gottes " nach

oben *.

* I.) Allegorisch und symbolisch steht das Denkmal für Erinnerung,

die Glocke für den Ruf, der Grabstein oder Epitaph für das memento mori, die Krypta für das Geheimnis und der Reliquienschrein für das Wunder.

II.) Das Jüngste Gericht (auch Endgericht, Jüngster Tag, Nacht ohne Morgen, letztes Gericht, Gottes Gericht oder Weltgericht) stellt die

auf antike bzw. alttestamentliche endzeitliche Vorstellungen zu-

rückgehende Vorstellung der abrahamitischen Religionen von einem das Weltgeschehen abschließenden göttlichen Gericht dar. Es ist als Gericht aller Lebenden und Toten eng mit der Idee der Auferstehung verknüpft und muss vom individuellen Partikulargericht über die einzelne Seele unterschieden werden.


III.) Münsterturm oder Münsterturmpaar.

 

IV.) Siehe auch  " Der gotische Geist als religiöse Kraft ist immer die Vertikalrichtung. Was er auch immer bewerkstelligt, es drängt ihn

die Massen zu türmen, die Formen steil hinaus zu führen und sie

nach oben zu spitzen.Er denkt den steineren Babelgedanken des hoch hinaus * " als gotische, metaphorische Turmsymbolik in Entwicklungsgotik

 

* Karl Scheffler, deutscher Kunstkritiker und Publizist


V.) Siehe auch Geistige Entwicklungsstufen und Lernphasen


VI.) Die von dem Baumeister Erwin Steinbach entworfene z.B. Westfassade des Straßburger Liebfrauenmünsters ist so überwälti-

gend, dass man glaubt sich im Mittelpunkt der Christenheit zu

finden. Die architektonische Formenvielfalt der Westfassade gibt

der ganzen Kathedrale eine unwiderstehliche Dynamik, welche Un-

ruhe ausstrahlt und die ganze Stadt in Lauf hält. Ganz Paris zählt nicht soviel wie die Kathedrale von Straßburg bemerkte der fran-

zösische Schriftsteller Honore des Balzac emphatisch beim Anblick dieser Kulturschöpfung. Eine gotische Kathedrale beweist gar nichts und zieht trotzdem viele Millionen Besucher jedes Jahr in Bann.

Das Straßburger Münster ist eine Welt für sich. Es geht im Kern

um die Wahrheit des christlichen Lebenssystems und den Genius

der christlichen Religion in architektonischer Kunstgestalt. Darin

liegt ihre Grösse. Die deutsche Kunstgeschichte ist wieder und wie-

der zum Münster von Straßburg als das Hauptwerk der deutschen Gotik und als Symbol des Grossen, zu den Wurzeln der Kunstge-

schichte und Höhepunkt europäischer Kunst als ihr Anfang zu-

rückgekehrt, wo die irrationale, überschwengliche deutsche

Gotik dieser Kathedrale jene Gestaltung gab, die nie mehr so kraft-

voll und seeleneregend erreicht wurde.Es istdie fortwährende, zeu-

gende und gebärende Kraft der Gotik,welche in die Formen gelegt wurde, an der sich Hunderttausende am Genius des Christentums sich jedes Jahr entzünden.Wenn ich mich im gotischen Baustil wieder erkenne, ist diese mir ebenbürtig. Keiner mag das hinaus zu erken-

nen,was er selbst nicht in sich hat.

 

VII.) Siehe auch Resümee  " Hommage und Dank an das Straßburger Münster und Meister Eckhart " in  Entwicklungsgotik

 

VIII.) Siehe auch " Die Zukunft des Straßburger Münsters und anderer

gotischen Kathedralen " in  Zukunft Straßburger Münster


IX.) Siehe auch Vom Bildungs-Kultur-Lernen zum Entwicklungs-Kultur-Lernen

 

               1.3 Der Mensch der Gotik. 

  

> Das 12.und 13.Jahrhundert war geprägt von einem geis-

tigen, theologischen, politischen, wirtschaftlichen und technischen Aufbruch dramatischer Auseinandersetzung einer dynamischen Zeit. Zwischen den Jahren  1214 und

1296 behinderte vor allem in Westeuropa kein grösserer Krieg die Weiterentwicklung der Gesellschaft " Frankreichs Aufstiegs zur größten europäischen Macht durch ein zen-

tralisierendes Königtum, der Aufstieg des städtischen Bürgertums und die Blüte der Scholastik haben ein neues Weltbild geprägt. In der gotischen Kathedrale spiegelte sich die mittelalterliche Glaubenswelt  und war der künstleri-

sche Ort, indem sich dieser Zeitgeist widerspiegelte. Eine Gesellschaft war in Bewegung, im Vorwärtsdrang, auf der Sinnsuche und Neuorientierung. Nichts wurde in diesem Jahrhundert vollendet. Alles war im Werden und die poli-

tische, religiöse und geistige Leben wurde von den grössten Revolutionen seit der Völkerwanderung erschüttert. Es war ein Klima des geistigen Aufbruchs grosser Kreativität, der Mönchsorden, der Gründung der ersten Universitäten und der romanischen und gotischen Kunst, welche grosse, konstruktive Leistungen in der Architektur geschaffen hat

und es war besonders eine Zeit grosser, religiöser Begeis-

terung. Es war die Zeit der Kreuzzüge als bewaffnete Pil-

gerfahrten zur Verteidigung geheiligter Stätten, wo Zehn- tausende sich auf den Weg machten in das Heilige Land,

um Jerusalem von den Muslimen zu befreien. Die gotischen Kathedralen gelten als Meisterwerke der menschlichen Baukunst und waren ein steineres Kultursignum der neu-

en gesellschaftlichen Ordnung. Sie gelten als Grossleistung einer mönchischen Askese und standen aber auch der geistigen Kleinleistung der Hexenverbrennungen und In-

quisition gegenüber. Mit sieben Jahren stand bei Kindern

die endgültige Entscheidung an, ob der Sohn einen kirch-

lichen oder weltlichen Weg einschlagen sollte. Der gotische Mensch ist mit den Elementen des Lebens ringender, suchender und auseinandersetzender Mensch. Deshalb

liegt seinem Entwicklungscharakter ein gewisse Unruhe.

In dieser Zeit schlägt die Geburtsstunde der Gotik ohne Ankündigung. Wo der fromme Glaube sich seinen künst-

lerischen Ausdruck schuf, da wurde er des Grössten

fähig *.


* I.) " Das Mittelalter ist die Zeit der grössten Leidenschaften " *


* Friedrich Nietzsche, Philologe.


II.)Die mittelalterlichen Kathdralen sind ein Beweis für den tiefen Glauben. Wenn z.B. zweihundert Jahre Bauzeit veranschlagt wur-

den, dann war ein massiver Vorschuss wegen der Zukunftsunge-

wissheit an Glauben, Gottvertrauen und finanziellen Mitteln notwendig.


III.) Das einfache Volk im Mittelalter war beherrscht vom Aber- und Wunderglauben, lebte in der Welt der Magie und der Glaube an

Teufel und Dämonen war tagtäglich präsent. Die Gesellschaft war statisch und jeder blieb in der Gesellschaftsschicht, in die er hinein geboren wurde. Die Menschen wurden im Durchschnitt nur 35 - 40 Jahre alt und das Überleben zwischen Armut, Krankheiten, Hun-

ersnöten, Seuchen, Kindersterblichkeit, mangelnden hygienischen Verhältnissen, Kriege war die erste Lebenspriorität. Die Menschen litten an Unwissenheit durch den Bildungsmangel, Unfreiheiten

durch viele Abhängigkeiten und wurden von der Kirche bevormun-

det (Kirche hatte das Bildungsmonopol) und lebten mit einem star-

ken Sündenbewusstsein. Wer kein gläubiger Christ war, lebte in Gefahr. Es herrschte ein metaphysisches und noch kein naturwis-

senschaftliches Weltbild vor. Die Geschichte des Mittelalters ist mit Blut geschrieben worden *.

* Nach einer Quelle erliegen im Jahre 1349 ca. 16 000 Einwohner der Stadt Straßburg der Pestseuche bei einer Gesamteinwohnerzahl von ca. 20 000 Menschen.


IV.) Wir sind heute zivilisierte Menschen und nicht   Menschen der Gotik. Wir werden aber erst kultivierte Menschen  durch den  Geist

der Gotik.


>  Alle  Formen,  welche die Gotik hervorbrachten waren Formen des Leidens. Allen Köpfen der gotischen Bildhauer-und Schnitzerkunst bspw. ist eine tief ernste, fast düstere Stimmung gemeinsam, weil die Menschen der Gotik von Unglücken und der Pest verfolgt waren. Sie hatten Sehn-

sucht nach einer besseren Welt im Jenseits. In ihrer Not und Verzweiflung suchten sie Trost und Hilfe bei den Heilmit-

teln der Kirche. Nur so sind die asketische Vergeistigung und der fanatische Baurausch zu verstehen. Im Gotik-Geist schwebt die dunkle Seite der Dämonie des düsteren Mittel-

alters mit*.


 *I.) Alles Wissen kommt aus Leiden. Erst der grosse Schmerz ist der letzte Befreier des Geistes. Er allein zwingt uns in unsere letzte Tiefe zu steigen. Wer auf sein Leid  tritt, tritt höher. Er steht fortan über seinem persönlichen Leben und über seinem Leiden. Bewusstsein begründet sich auf Leiden und alle höheren Bewusstseinbegriffe

sind steigendes Leiden. Je mehr der Mensch leidet, umso seliger erkennt er den Sinn und die  Notwendigkeit des Weltleidens.


II.) Im Leiden liegt der grösste Segen. Du irrst wenn, du etwas ande-

res suchst als Drangsal. Es ist die letzte Tiefe, um daraus alles zu begründen und zu gestalten. Ohne Leiden kann der Mensch nicht

zum Heile gelangen. Nur über Armut, Entbehrung und Leiden ging bisher der Weg aller Religionen ins göttliche. Erst das Leiden hat der Menschheit das Gefühl der Religion, den Gedanken eines Gottes erschaffen. Nur über Armut, Entbehrung und Leiden ging bisher der Weg aller Religionen ins Göttliche. Erst das Leiden hat der Menschheit das Gefühl der Religion, den Gedanken eines Gottes erschaffen. Mystische Erfahrung ist ohne den Durchgang von Leiden nicht zu erreichen.

III.)  Nach dem  Philosophen Friedrich Nietzsche wirkt veredelnd 

nur jeder Schmerz, den zu überwinden, wir  Kraft besitzen. Es war

für ihn nicht der  Tribut, den man zahlen muss um das  Tor der

ewigen Seeligkeit zu öffnen. Der Schmerz war für ihn eine Macht,

mit diesem man sich furchtlos mit allen möglichen Therapien auseinandersetzen muss, um ihn zu überwinden. Leiden war für

 ihn eine  Schule der Weisheit. Wer viel gelitten hat, weiss mehr als

die Weisesten wissen können. Seinem Siechtum verdankte er mehr

als seiner Gesundheit. Alle seine Krankheiten waren Stimulanz zum mehr erleben und entdeckte das Leben gleichsam neu. Es ist das " amor fati ", das Notwendige  nicht nur zu ertragen, sondern auch

zu lieben. Je mehr ein Mensch zukunftsbestimmt ist, je  grösser sein Leiden, weil die gestalterischen Kräfte sich abstossen.


IV.) Es ist in der Geschichte des Menschengeschlechts  niemals so gewesen, dass der Geist an der Spitze einer diesseitigen Hierarchie d.h., also im Besitz der Macht  befand. Er wurde erst einmal nie anerkannt, ist immer verfolgt, gesteinigt, in den Kerker geworfen

und hingerichtet worden. Sein Stigma war Machtlosigkeit und das Leid. Alles Bewusstsein gründet sich im Leiden schreibt der Philosoph Max Scheler und alle höheren Stufen des Bewusstseins liegen im steigenden Leiden. Der Geist ist immmer umso grösser gewesen, je machtloser er war; die Macht umso stärker, je geistloser sie war.

Das ist das Gesetz, welches die polare Spannung zwischen Geist und Macht beherrscht.

 

V.) " Ohne Leiden bildet  sich kein Charakter  "*.

 

* Freiherr von Feuchtersleben

 

VI.) " Zur Zeit der Gotik wird die soziale, politische und wirtschaft-

liche Ordnung von diesem Feudalsystem bestimmt und der Mensch war einer kleinen Oberschicht unterworfen. Der als Lehensmann Bezeichnete bekommt vom Lehnsherrn, König, Reichsfürst oder Adel für bestimmte Leistungen im Krieg ein Stück Land und die auf die-

sem wohnenden Menschen " geliehen ". Als Gegenleistung verlangt der Lehnsherr vom Lehnsmann vor allem Kriegsdienste und Treue. Dieses Verhältnis wird zunächst mit dem Tod des Lehnsmannes beendet, später kann dieses aber weiter vererbt werden, so dass

eine neue Gesellschaftsklasse mit Landbesitz aufsteigt und einen sicheren Platz im Feudalsystem einnimmt. Die Städte stehen nun

für Freiheit und Fortschritt, wo nun leibeigene Bauern die Steuern und Schutzgelder an Kirche, Lehnsmann bzw. Lehnsherrn abgeben müssen und als Handwerker arbeiten können. Die Stadt macht den Menschen frei. Eine soziale Umschichtung der Gesellschaft setzt

nun ein und das Feudalsystem wird von einem jungen, macht-

bewussten Bürgertum abgelöst, welches einen großen Anteil einerseits an der Verwaltung sowie der Finanzierung besitzt und

auf der anderen Seite an der Entstehung einer neuen Kunstrich-

tung sowie Skulpturen und Malerei, aber auch am Bau der Kathe-

drale beteiligt ist " *.

* Dieser Textabschnitt wurde übernommen aus: " Die gotische Kathedrale in kunsthistorischer und theologischer Sicht ", Autor Felix Eder, eBook

> Der Handel gab ein neues Selbstbewusstsein und mit der Gotik setzte eine Phase allgemeiner Innovation und Um-

strukturierung  im  Wirtschaftsleben des Landes ein. Der

Bau einer Kathedrale war wie ein Wirtschaftsförderungs-

programm und gab vielen Arbeit und sicherte ihr Überle-

ben. Alleine zwischen den Jahren 1180-1270, eine Zeit wirtschaftlicher Blüte sind z.B. in der Stadt  Köln 28 Kir-

chen gebaut worden. Der Bau der Kathedrale und ihre mächtige Grösse wurden im Laufe ihrer Bauentwicklung

zum weltlichen und geistigen Machtdemonstrationsym-

bol und Zeichen des Selbstbewusstseins der Stadt. Erst in

der Gotik begann die Stadt ein architektonisches Ganzes zu werden. In der Zeit der Gotik verlagerte sich das geistige Zentrum vom Land in die Stadt. Das wichtigste Bauwerk

war nicht mehr die Abtei, sondern die Kathedrale. Mit

der Kathedrale hatte sich das Mittelalter sein eigenes Weltbild geschaffen *.


* I.) Das mittelalterliche Leben war vollkommen durchwirkt von religiösen  Triebkräften, dass auch die gesamte Wirtschaftstruktur von ihnen abhängig  war und das überwiegend statische, mittel-

alterliche Wirtschaftsleben durch den Kathedralenbau die nötigen Wachstumsimpulse erhielt. Der Bau einer gotischen Kathedrale galt auch als eine Zukunftsinvestition. Früher waren  es die religiös mo-

tivierten Pilgerströme, welche Gewerbetreibenden und dem Handel Arbeit und Brot gab und die Kirchenkassen füllten. Heute sind es

die kulturell motivierten Touristenströme, welche die städtische Wirtschaft ankurbeln.


II.) Der mittelalterliche Mensch kannte nur Rasse, Volk, Familie, Zuge-

hörigkeit etc. und das geistige Individuum entwickelte sich erst in der Renaissance.


III.) Siehe auch " Die Zukunft des Straßburger Münsters und anderer gotischen Kathedralen " in Zukunft Strassburger Muenster


IV.) Äusse­re Vor­aus­set­zung für die­se ge­wal­ti­gen Bau­ten wa­ren sta­-

bi­le po­liti­sche und wirt­schaft­li­che Ver­hält­nis­se. Ge­nau dies traf auf Frankreich seit der zwei­ten Hälf­te des 12. Jahr­hun­derts zu.

  

> Die gotische Kathedrale galt als die Summe mittelalter-

licher Weltanschauung und Lebensgrundempfindung und der Bau der gotischen Bauweise war nur möglich, weil  so gedacht, gefühlt und in lebendiger Gotteinheit und Ver-

bundenheit und jeder kirchliche Feiertag emphatisch ge-

lebt wurde. Deshalb wurde das gotische Bauwerk ver-

stärkt als Einheit verstanden, in dem jedes Einzelteil vom Ganzen abhängig ist. Die Gotik spiegelt das religiöse Le-

bensgrundgefühl der Epoche wieder mit einem starken Sündenbewusstsein, wo die christliche Gesellschaft unter

der Autorität der Religion stand. Die Verankerung des Le-

bens im überirdischen Dasein der Transzendenz des Jen-

seits war für den mittelalterlichen Menschen Lebensnor-

malität. Das christliche Mittelalter sah sich selbst nicht

als rückständig an, sondern verstand sich heilsgeschicht-

lich als eine im Glauben den voran gegangen Zeitperioden fortschrittliches und überlegenes, christliches Zeitalter.

Es war die Volksfrömmigkeit, die religiöse Begeisterung,

die mittelalterliche Glaubenswelt und "der Wunsch nach Schau" was alle einte, welche mit dem Kathedralenbau

die Sichtbarkeit des Religiösen und das besondere Verhält-

nis zu Gott symbolisierten. Alle Menschen haben irgendwie Anteil an den Wunderbauten der mittelalterlichen Gotik,

aber sie blieben alle auch anonym *.


* I.) Der Zwiespalt zwischen dem Gebot christlicher Vervollkomm-

nung und dem natürlichen Menschen wird immer bleiben und

kann nicht ausgeglichen werden. Ständig sah sich der Mensch des Mittelalters gezwungen sich so zu sagen zwischen " Himmel und

Erde " zu entscheiden.


II.) Von der Diesseitsverneinung im Mittelalter zur heutigen Jen-

seitsbebejahung, weil das Diesseits als Mittel zum Individualisie-

rungszweck für ein besseres Jenseits dient*.


1.)" Der Mensch soll sich daran gewöhnen, nicht das Seine in den Dingen zu suchen, sondern in allen Dingen Gott zu suchen (in al-

lem seinen Gott begreifen) und zu nehmen. Das ganze Leben und

alles Tun soll man nur als eine Übung Gleichnis und Probierstein

(als Mittel und Gleichnis zum Entwicklungs-Individualisierungs-Sinnzweck) betrachten, welches auf Höheres verweist, was ver-

wirklicht werden soll). Die Welt wäre nicht geschaffen worden,

wenn sie nicht da wäre Gott zu suchen und zu finden. Damit sind

wir in die Zeit gestellt, dass wir Gott ähnlicher werden und ihm

näher kommen"*.


* Meister Eckhart


2.) Siehe auch "Das Leben ist unsterblich und nicht tot zu kriegen" in 

Das Leben ist unsterblich


III.) Das Jenseits als die Summe verschiedener Jenseitsebenen ist

eine Welt der Gedanken in einem nicht physischen Universum, wo sich unsere Vorstellungen und Sichtweisen direkt manifestieren.

Es gibt keine körperlichen Beschränkungen mehr und das Bewusst-

sein erweitert sich in nie gekannter Weise. Das Jenseits ist die all-

umfassende Wirklichkeit und das viel Grössere, worin das Dies-

seits eingebettet ist. Insofern ist auch unser gegenwärtiges Leben bereits vom Jenseits umfangen. Jeder Kulturträger will auf etwas (jenseitiges) hinweisen und die Sehnsucht nach oben wachzurufen, was den Menschen übersteigt, was man noch nicht ist und als Menschenaufgabe verwirklicht werden soll*.


* Transzendenz (vom lat. transcendere „übersteigen“) bedeutet Überschreitung und wird unter anderem auf Gegenstände bezogen, welche die empirische Erfahrbarkeit überschreiten oder nicht durch bestimmte Darstellungsweisen repräsentierbar sind. Für viele Verwendungen ist Immanenz ein Gegenbegriff, umgangssprachlich Jenseits ein Synonym und der Gegenbegriff das Diesseits.


IV.) Das Jenseits ist das andere geschaute Diesseits. Es ist ein Skandal, dass über die wichtige Frage der Menschheit, über die Unsterblichkeit noch immer tiefe Unwissenheit herrscht*.


* Carl du Prel, dt. Pionier der Parapsychologie


V.) Das " Nirwana " ist kein transzendentes Reich, sondern die For-

derungen einer jeden  Religion " Strebet also ohne Unterlass " dass kann man nur im Leben und damit ist das Entwicklungs-Kultur-Lernen gemeint. Immer mehr die Welt zu transzendieren und Verbes-

serungen von menschlichen Tugenden, gibt es schon zu Lebzeiten. So betrachtet wäre die Beschäftigung mit einer Jenseitsreligion reine Zeitverschwendung.


VI.) Der Schweitzer Psychiater C.G. Jung schrieb in den dreissiger Jahren des letzten Jahrhunderts: Jeder krankt in letzter Linie daran dass er das verloren hat, was lebendige Religion ihren Gläubigen zu allen Zeiten gegeben hat und keiner ist wirklich geheilt, der seine religiöse Einstellung nicht wieder ereicht, was mit Konfession oder Zugehörigkeit zu einer Kirche nichts zu tun hat.


VII.) Siehe auch den Gliederungspunkt " Vom statischen, äusseren

und entwicklungslosen zum dynamischen, inneren Entwicklungs-, Gedenk-, Sonn- und Feiertagszeitlern-Verständnis der gesetzlichen, staatlichen, religiösen und persönlichen Feier- und Festtage in Deutschland " in  Evolutionäre Allzeitnutzung

  

> Die freiwillige Mithilfe am Kathedralenbau war Ehrensache und  Verpflichtung zugleich, wo " der Karrenkult "(spannten sich selbst vor den Karren, die mit Steinen, Sand, Kalk und Holz beladen waren) sehr verbreitet war und für die Kirche aus den entfernten Steinbrüchen Baumaterialtransporte und Steinrohquader auf Lastschiffen, Schlitten und Last-

karren oft über weite Strecken zur Dombauhütte gebracht wurden. Nicht zuletzt wollten sich viele durch Stiftungen (opus ecclesiae), Schenkungen, Ablasskauf, Zuwendungen adliger Mäzäne, Testamentsnachlässe wohlhabender Bür-

ger, Reliquienkult, Wallfahrtswesen etc. " einen Platz im

Himmelreich " sichern oder wenigstens " der Hölle und dem Fegefeuer "entgehen. Ein religiöses Leben galt als Garantie für ein besseres Ewigkeitsleben danach, weil das Mittelalter nur in der Gegenwart des übernatürlichen Jenseits lebte.

Die grössten Förderer des gotischen Sakralbaues waren

die christlichen Orden der Dominikaner, Zisterzienser, Benediktiner und Franziskaner. Neben der wirtschaftli-

chen Blüte wäre ohne diese weit verbreitete Hilfs-,Opfer- und Spendenbereitschaft der Kathedralenbau gar nicht möglich gewesen, weil auch schon damals " Brot (Hunger) vor Geist (Kultur)" immer Vorrang hatte und wenn kein

Geld da war, für die Steinmetze oder Baumaterialien,

musste der Kirchenbau ruhen *.


* I.) Wie ein französischer Gelehrter schreibt waren Reliquien für

den damaligen Menschen mehr wert als im 19.Jahrhundert für die Menschen Dampf und Elektrizität.


II.) Die Mystik des Kirchenraumes entspricht vollkommen dem Rhyt-

hmus der Musik. Die ekstatische Suche nach Gott in der mystischen Eins-Werde-Erfahrung findet sich z.B. in der Dynamik der Baugestalt, im Vertikalen des Kathedralenbaues, im Raumideal der Tiefenbe-

wegung und Lichtdurchflutung wieder. Die gotische Bauweise gilt vielen Deutschen auch heute noch als der Typ des Kirchenbaues überhaupt, was der Empfindungswelt und dem Raumgefühl der Deutschen entspricht.

 

III.) Jedes Teil vom Ganzen ist seiner Bestimmung nach unselbstän-

dig und existiert nur in wechselhafter, lebendiger Beziehung mit anderen Teilen, mit denen er ein gemeinsames Ganzes bildet. Wer-

den Teile aus ihrem Ganzen isoliert, werden sie zu selbständigen Teilen. Die Ganzheit (qualitative Bestimmung) muss unterschie-

den werden von der Gesamtheit als Summe der Teile (quantita-

tive Bestimmung), die nicht miteinander in Verbindung stehen,

weil die Wechselbeziehungen und die inhärenten Funktionen

unberücksichtigt bleiben. Der Gesamt- und Einheitscharakter ist an keinem der isolierten Teile vorzufinden. Ein Teil ist ein Relations-

begriff, der nur in Beziehung auf sein Korrelat " Ganzes " sinnvoll

ist. Jedes Teil erhält seine Bedeutung nur im Zusammenhang für

das Ganze, was seine Bedeutungserklärung in sich trägt ungeachtet des Gefühls der Getrenntheit. Jeder Teil ist nur bedeutsam für das Ganze durch das Ganze.


IV.) Brot und Frieden (Geldsorgen) hat immer Vorrang vor Geist

und Kultur Erkenntnismangel). Es ist die Abhängigkeit als Wechsel-

wirkung von ökonomischer, äusserer und kultureller Entwicklung.

Es ist nicht die Wahlfreiheit zu haben, sondern vom Zwange der äusseren und wirtschaftlichen Notwendigkeit getrieben sein. Es

ist auch die Tatsache, dass in unruhigen Zeiten und bei existenti-

ellen Nöten wenig oder kein Interesse für den das Kulturelle gege-

ben ist, was auch nicht erst einmal nicht anders sein kann. Nichts-

destotrotz ist auch in Krisenzeiten Entwicklung möglich. Die Ent-

wicklungsmöglichkeiten sind nicht davon abhängig, ob es mir gut oder schlecht geht, weil Entwicklung in allem gegeben ist.


* Siehe auch " Gotische Entwicklungs-Individualisierungs-Eigen-

schafts-Tugenden und Entwicklungs-Lern-Grundprinzipien " im Gliederungspunkt  " Das gotische Lernprinzip als Bau(lebens)idee, welches alle bewegt Nr. XX " im Gotischen Lernprinzip


V.) Früher galt nur der Bildungsgeist kultivierend und eine wirt-

schaftliche Prosperität war die Voraussetzung und deshalb galt

" Brot vor Geist ". Die Kulturepoche der Renaissance z.B. war nur denkbar einerseits durch die  politische Freiheit der Städte und andererseits durch den Wohlstand, welcher erst der Handel er-

möglichte und private und öffentliche Kunstschöpfungen in Auf-

trag gegeben werden konnten. Freigeistigkeit und eine ökonomi-

sche Autonomie galten ausnahmslos als Kulturvoraussetzung. Wenn aber  alles  " als Mittel  zum Entwicklungs-Individualisierungs-Sinn-Zweck zur Selbstkultivierung " betrachtet wird, dann heisst es nicht mehr nur " Brot vor Geist ", sondern auch " Brot und Geist " bedingen sich gegenseitig und die kulturelle Entwicklung verlagert sich von aussen nach innen, weil jede  Wahrheit kostenlos zu haben und in allem zu finden ist. Die ge- oder ungenutzen Entwicklungsmög-

lichkeiten sind nicht davon abhängig, ob es mir wirtschaftlich gut oder schlecht geht. 


VI.) Die Griechen z.B. hielten Sklaven für die Arbeit und erkannten noch nicht die Entwicklungsbedeutung der produktiven Arbeit für

die menschliche Entwicklung. Wenn aber die Arbeit als Mittel zum Entwicklungs-Individualisierungs-Selbst-Verbesserungszweck ge-

sehen wird, dann sind alle „Formen  von Arbeit und Nicht-Arbeit

ob, Berufsarbeit, Arbeitslosigkeit, ehrenamtliche Tätigkeit,  Freizeit-

beschäftigung, Hausarbeit, Krisendruck und Auseinandersetzungen jeder Art  " Arbeit an sich selbst " und für sich selbst " sinnvoll und entwicklungsdienlich.


VII.) Dass die materielle Welt als ein Ganzes besteht, was nicht aus Teilen aufgebaut ist *.


* Albert Einstein, theoretischer Physiker und Nobelpreisträger der Physik.    

 

VIII.) " Das Wahre ist das Ganze " *.


* Georg Friedrich Wilhelm Hegel, deutscher Philosoph. 

 

IX.) Der Adel und viele wohlhabenden Bürger waren stolz darauf

z.B. Glasfenster zur Kathedrale beisteuern zu dürfen. Die Stifter

sind oft namentlich oder bildlich in den Buntglasfenstern ver-

ewigt.

  

X.) Alles Einzelne weist zurück auf etwas individuelles und über allem Einzelnen steht einigend ein grosserer, leidenschaftlicher Kollektiv-

wille. Alle Menschen haben irgendwie Anteil an den Wunderbauten der mittelalterlichen Gotik, aber alle bleiben sie auch anonym *.


* Karl Scheffler, Kunstkritiker und Publizist.

 

XI.) Würde man heute z.B. den Kölner Dom nochmals neu bauen (vielleicht die gotischste aller Kathedralen der Gotik), benötigte

man ein geschätztes Budget von mehreren Milliarden Euro, aber

ohne das Lebensgefühl der damaligen Zeit und ohne die damalige religiöse Spannkraft ( das Feuer was in einem brennt), liesse sich

ein solches, einmaliges Bauwerk wie die Neugotik um die vorletzte Jahrhun dert wende gezeigt hat nochmals bauen. Die Kathedralen

sind zwar nach dem gotischen Formenprinzip konstruiert und auf wissenschaftlicher Statikgrundlage gebaut worden, aber ohne inneres, dynamisches, wirkkräftiges, gotisches (Nachahmungs)-

stilgefühl. Eine vergangene Bauphilosophie wieder aufzuwärmen,

das ist so wenig möglich, wie ein altes Kunstwerk wegen des Zeit-

geistes und der Einmaligkeit nochmals zu schaffen. Die geistige Lebensgrundhaltung des mittelalterlichen Menschen war eine

tief religiöse, der Antike eine ästhetische, des indischen Menschen eine metaphysische und der Moderne eine kritische, ökonomische und wissenschaftliche.

 

> Der gotische Kirchenbau ist sinnbildlich und liturgisch

ein Abbild des Himmels auf Erden " und die Menschen

sahen in einem Gotteshaus mit seinem weltübersteigen-

den Raum einen Erdenhimmel, in dem sie Gott nahe sein konnten. Im irdischen Leben schon den Himmel erfahren und spüren, dass dieser Himmel alles weltliche übersteigt und die Seelensehnsucht nach dem Göttlichen weckt, das war das Wesen des verklärten Sakralraumes, aber trotz-

dem nicht überirdisch. Beim Betreten der gotischen Kathe-

drale hatten die Menschen ihre irdischen Sorgen hinter

sich gelassen und sich gewissermaßen in eine andere Welt begeben. Der Mensch des Mittelalters ist in seinem Natu-

rell und seiner Berufung nach Pilger (" Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben ") und alles diente dem Wohler-

gehen der Seele. Das Streben nach dem persönlichem

Gewinn und das Horten von Gütern ( " Hast du was, bist

du was ") waren damals Unwerte und Kleidung, Nahrung, Haus, Lebensgegenstände etc. hatten überwiegend nur

einen lebensnotwendigen Gebrauchsnutzenwert. Auch

wenn die Menschen im Mittelalter nicht weniger materi-

alistisch gesinnt waren wie heute hatten die weltlichen Dinge  als Mittel zum Zweck " dem Seelenheil " zu dienen

und sollten auf Höheres verweisen, was verwirklicht werden soll.


> Die gotische Kathedrale war geistiges und gesellschaft-

liches Zentrum der Stadt, weil es architektonisch das

grösste, höchste, prächtigste und auch teuerste Gebäude

der Stadt war. In einem einzigen Haus umfängt die Kathe-

dralenarchitektur Gott und die Gläubigen, Priester und Laien, Sakralität und Profanität. Sie diente für staats-

politische Zermonien wie Kaiser- und Königskrönungen, welche die Einheit zwischen " Regnum und Sacerdotium "

als Staatsidee des Mittelalters symbolisierte. Es wurden Gottesdienste gefeiert und Mysterien- und geistliche Theaterspiele aufgeführt für Gläubige und Besucher, um nicht-verbale Glaubensinhalte zu vermitteln. Die Kathe-

drale diente nicht nur liturgischen Zwecken, sondern war auch der soziale Treffpunkt des öffentlichen Lebens.

Alle Menschen hatten ohne Unterschiede in der Kathe-

drale ein gemeinsames Leben. Es wurde Rechtsprechung ausgeübt, Handel betrieben und war ein Ort der eroti-

schen Annäherung. Die Kathedrale wurde gelegentlich

auch als Warenspeicher, Übernachtungsort, als Stall für Tiere, als Markt und als Zufluchtsort bei kriegerischen Auseinandersetzungen von der Stadtbevölkerung als Schutzraum aufgesucht *.


* I.) Der Mensch begreift seine End- und Weltlichkeit, wenn er sich " im Ausgerichtet-Sein " auf Transzendenz als ein Höheres und ein  " Über-Sich-Hinaus-Sein" erfährt.  

II.) Immanenz und Transzendenz als Einheit und in der Ganzheit

sind aufeinander bezogen und nicht von einander zu trennen als

die beiden lebensambivalenten Pole eines Spannungsfeldes, in das der Mensch gestellt ist. Deshalb findet  alles, was in den Tiefen des menschlichen Wesens geschieht, seinen kosmischen Ausdruck im Himmel. Was sich im Menschen offenbart, findet zugleich seine Offenbarung im Himmel als ein interverbundenes, für die Ent-

wicklung der Menschheit, ein geschichtliches Geistgeschehnis von säkularer Bedeutung.               


III.) In der Aufklärung als Welterklärungsmodell ohne Götter- und übernatürliche Kräfte hat sich der rätselhafte und mit Religion behaftete Seelenbegriff zur Psyche und Psychophysik (Lehre von

den seelischen Kräften) als Wissenschaft gewandelt. Er wurde durch den " Bewusstseinsbegriff " ersetzt und dadurch völlig unreligiös verwendet. In der praktischen Psychologie heute verbirgt zumeist

die materialistische "ich Vorstellung",  dass seelisches nur oder vorwiegend als Produkt körperlicher Prozesse und das Geistige nur als Ergebnis physikalischer und chemischer Prozesse im  Gehirn zu betrachten ist. Obwohl es verschiedene Seelenauffassungen gibt,

hat " die Idee der unwissenschaftlichen Seele " alle wissenschaft-

lichen Begriffsbildungen, überlebt und " der Tummelplatz die Seele als Psyche ",was nicht das tiefere Wesen und das kategorische Indi-

vidual-Logos dieses Entwicklungs-Prozess-Lebens-Kernes ist ", erst einmal durchschritten werden muss.


IV.) Die Seele wird im Hinduismus als " das höhere Selbst" verstan-

den und ist kein Gegenstand  des  Erkennens. So wie es kein Be-

wusstsein vom Leben gibt und Tod gibt, gibt es auch kein Bewusst-

sein von der Seele. Es gibt immer nur Bewusstsein von etwas " als Gegenstandsbewusstsein", aber die Seele  schwindet mit der gegen-

standslosen Wahrnehmung. Die Seele ist aber das dem Körper ver-

leihende Lebensprinzip an sich, die dem Körper aufbauende und erhaltende Vitalkraft schlechthin, ohne die der Mensch gar nicht bestehen könnte und ohne die ja auch sein materieller Körper so-

fort zu leben aufhörte. Der Mensch besteht aber nicht nur aus

Körper und Seele, denn er ist eine Drei-Einheit bestehend aus Kör-

per, Seele und Geist *.


* Etymologisch bedeutet  Seele im griechischen " psyche " und im lateinischen anima, was in beiden Sprachen " Hauch " bedeutet, während der althochdeutsche Wortstamm " sela " soviel heisst wie " die Bewegliche", was das Lebensprinzip als Individual-Logos dar-

stellt*.


* Animus und Anima sind Begriffe aus der Analytischen Psychologie von Carl Gustav Jung.


V.) Nach dem traditionellen, religiösen Verständnis hat fast jede Religion und philosophische Weltanschauung (Kant, Hegel, Witt-

genstein etc.) ihre eigene Seeleninterpretation. Im Christentum spielen die Begriffe " Geist und  Seele " eine grössere Rolle als der wissenschaftliche Bewusstseinsbegriff. Die Seele wird aber als das Ganze und als umfassende Einheit betrachtet. Das gegenständliche, materielle Universum als Ganzes und als Einheit ist für sich selbst genommen ungegenständlich, hat weder Form noch eine materi-

elle Erscheinung.


VI.) Die Seelen-Problematik die sich hier ergibt ist, dass diese kein Erfahrungsobjekt und als immateriale Entität sich der empirischen Forschung entzieht und deshalb keine anthropologische Qualität be-
sitzt. Es hat noch keiner eine Seele gesehen und es können nur die seelischen Auswirkungen als Lebensäusserungs-Hinweise als Aussfluss und Verhältnis der Psyche beobachtet und interpretiert werden, aber nicht das Erkenntnisobjekt selbst. In der Religion ist

die Seele das Menschliche, das auch den Tod überlebt. Die Existenz einer ganzheitlichen, menschlichen Seele lässt sich empirisch nicht belegen und wird deshalb als leerer Begriff angesehen, aber der Seelenbegriff hat jeden "Psychebegriffsersatz" überdauert. Theo-

retisch ist für den Philosophen Kant die Unsterblichkeit der Seele unbeweisbar, weil auf diesem metaphysischen Terrain jedem Beweisversuch die sinnliche Erfahrung fehlt. Gleichwohl hält er die Unsterblichkeit der Seele aus moralischen Gründen für notwendig.


VII.) Der Seelenbegriff und das Seelenleben als die Gesamtheit aller Gefühlsregungen und geistigen Vorgänge des Innenlebens wurde intellektuell, materialistisch zergliedert und zur empirischen Wis-

senschaft der Psychologie, Neurologie, Biochemie, Medizin und anderer Fachdisziplinen gemacht.  Innenwahrnehmungen können neurologisch nicht erfasst werden. Eine exakte Zuordnung von Gedanken, Wahrnehmungen, Gefühlen oder sonstigen Bewusst-

seinsaktivitäten in einem genau festgelegten Hirnareal ist nicht möglich, nur die Feststellung, dass die Hirnrinde im Bewusst-

seinserleben eine wichtige Rolle spielt. Weil es im Gehirn keine Bewusst seinszellen gibt und keiner weiss, wie Gedanken über-

haupt entstehen gibt es die Hypothese, dass das menschliche Bewusstsein nicht im Gehirn lokalisiert ist.


VIII.) In der " Visio dei "wird die Seele ins mystische überhöht und ist mit Gott identisch. Eckhart unterscheidet die (aristotelische )Seele, die dem Leibe  vom Geist Leben und Form gibt. Dieser Geist wird als  Seele bezeichnet, welcher von  allem natürlichen Wesen ab-

geschieden ist, wo sie namenlos wie Gott ist, mit ihm allein in der Ewigkeit. Dieses ist der Kern der Seele, die Seele der Seele, ist ewig durch ihre Einheit mit dem einen und vollen Sein Gottes. Als mys-

tische Erfahrung ist die Ewigkeit schon im Diesseits möglich (Der Kir-

chen lehrer Thomas von Aquin verlegte diese ins Jenseits). Die Frage, ob das individuelle Selbst auch nach dem Tod weiterlebt stellte sich für Meister Eckhart gar nicht, denn der Mystiker ersehnt ja nichts heftiger als die Auflösung des Selbstes im reinen (Seelen)sein*


* Der Kirchenlehrer Albertus Magnus sagte, ohne die Seele könne der reine Geist gar nicht existieren, also partizipiere sie auch an dessen Trennung vom Körper und seiner göttlichen Selbstbewegung mithin

auch an der Unsterblichkeit.


IX.) Nach Meister Eckhart  ist der Mensch mehr durch die Seele als durch den Leib. Der Leib ist in der Seele und nicht die Seele im Leibe. Dagegen wirken die Vorstellungen der Seele auf den Leib kräftiger als der Arzt und seine Arznei. Dieses Paradigma gilt als Grundlage für die Geistheilung.

X.) Siehe auch Individualisierungs-Entwicklung als Lebensweg


XI.) Siehe auch " Die Nachfolge Christi ist immer der eigene, ge-

gangene Entwicklungs-Individualisierungsweg in der Welt" in evolutionaere, säkulare Nachfolge-Christi

 


1.4 Zeit des Wandels vom religiösen Lebensstil  

                   zum Entwicklungslebensstil. 

  

> So faszinierend der gotische Baustil als religiöser Geist

in Stein auch heute noch sein mag, aber die Sonne des Mittelalters ist unter gegangen und mit ihr der gotische

Geist und ihre erste religiöse Bestimmungszeit, weil alles dem geschichtlichen Gesetz des Vergehens und Werdens unterliegt. Aber die Sonne erstrahlt wieder im Entwick-

lungsgeist und erlebt jetzt ihren " zweiten Frühling " und neue Bestimmungszeit als Mittel, Gleichnis und Chiffre

zum Selbst-Entwicklungs-Individualisierungs-Verbesse-

rungszweck-Hinweis und als Entwicklungssinn in vollen-

deter Entwicklungsgestalt als der Genius des Christen-

tums, welche alle bewegt, in den Lebensursprung zurück-

zukehren. Die gotische Kathedrale hatte damals das

Weltbild verändert und wird das Heutige auch wieder verändern. Das ist der Bekenntnis(be)sucher der Zukunft

der gotischen Kathedralen, darum fahre ich zum Lieb-

frauenmünster nach Straßburg . Es ist die  Entwicklungs-

zeit gekommen, die wie damals Johann Wolfgang Goethe,

im deutschen Lande, den Funken der " Gotikbesessenheit " entzündete. Nur soweit uns etwas noch aus einem Werk interessiert, ist es für mich lebendig und die Vergangen-

heit wird damit nicht aufgehoben. Solange es mich lebendig anspricht ist, gilt eine Kultur nicht abgeschlossen, und nur darauf kommt es an. Weil sich das religiöse Weltbild ge-

wandelt hat, sind heute erst die Zeit- und die Lebensum-

stände dafür reif, die Entwicklungsreife-Voraussetzungen und Entwicklungssichtweise gegeben für dieses evolutio-

näre, dynamische, gotische Individualisierungs-Entwick-

lungs-Lernprinzip eines Gotisches Lernprinzips, weil erst

das Heute die beste Zeiten aller Zeiten ist*.


*I.) Siehe auch " Die Zukunft des Straßburger Münsters und anderer gotischen Kathedralen " in Zukunft Strassburger Muenster


II.) Siehe auch" Entwicklungsresistenz in der Gesellschaft


III.) Siehe auch " Die Individualität ist die begriffliche Fassung des Lebens " im Gliederungspunkt " Individualisierungsentwicklung als Lebensweg " in Individualisierungsentwicklung als- Lebensweg


IV.) Siehe auch Individualgeschichtlichkeit

 
V.) Siehe auch " Die Krise der Gesellschaft sind immer weniger Einzelne,
aber die Zukunft der Gesellschaft sind immer mehr Einzelne " in  Gesellschafts- und Entwicklungsmensch


VI.) Siehe auch " Individualgeschichtliches Gottes-,Entwicklungs-und

Vermittlungs-Verständnis " eines Meister Eckhart

 

VII.) Es ist Victor Hugos Feststellung (Französischer Schriftsteller), dass nichts auf der Welt so mächtig ist, wie eine Idee, deren Zeit gekommen ist und keine Armee aufzuhalten vermag. Es geht um

die Macht der Idee, welche nur in der Einzelseele des Urhebers ihre

ganze Stoßrichtung hat. Der Mann kann unterliegen, aber die Sache wird triumphieren. Alle Eroberungen gehen von Ideen aus und werden dann zu Bewegungen um der Macht willen. Die Lebensord-

nung bewegt sich vornehmlich vom Inneren zum Äusseren und von der unsichtbaren zur sichtbaren Welt. Die Wahrheit ist immer stär-

ker als alle Widerstände, Umstände und der derzeitige Zeitgeist.

Entwicklung erweist sich nicht als wahr, weil diese sich durchsetzt, sondern sie setzt sich durch, weil sie wahr ist. Die Wahrheit ent-

schädigt dafür, dass sie wahr ist und von der Zukunft mehr zu

hoffen ist *.


* Was immer ein freier und unbefangener Geist souverän berührt, wird neu für eine in überlebten Vorstellungen befangene Welt. Kein Gedanke der Menschheit, wenn der über die Vernunft hinaus ge-

trieben verliert auf die Dauer seine schöpferische Macht. Deshalb

ist der stärkste Mann ist immer der Mann eines einzigen Gedan-

kens. Denn alles was an Lebenstat-,Willens- und Glaubenskraft,

an Intelligenz und  Idealismus, Emphatie, finanziellen Mitteln, an Nervenanspannung und Opferbereitschaft darin investiert und  aufgespeichert hat, entwickelt eine Eigendynamik und erzeugt

eine Wucht, der selten die Welt widersteht *.


*  In freier Textanlehnung des  Schriftstellers Stefan Zweig.


X.) Napoleon I, Kaiser von Frankreich glaubte z.B. einst den (eng-

lischen) Handel wie ein Garderegiment führen zu können und lehnte die aufsteigenden Wirtschaftsideen des 19 Jahrhundert ab, welche

ihn letzten Endes besiegten.


XI.) " Die grösste Macht hat das richtige Wort zur richtigen Zeit " *.


* Mark Twain, US-amerikanischer Schriftsteller.

 

XII.) " Zu jeder Zeit liegen einige, grosse Wahrheiten in der Luft: sie bilden die geistige Atmosphäre des Jahrhunderts " *.


* Marie Freifrau von Ebner-Eschenbach, Erzählerin, Novellistin und Aphoristikerin.   

 

XIII.) Entwicklung ist das Lebensgefühl der Zeit. Die Zeit ist reif, aber noch  nicht die meisten Zeitgenossen.    


XIV.) " Die (Entwicklungs-Individualisierungs)-Wahrheit kann sich zu einer guten Idee weiterentwickeln " *.


* Dr. Phil Michael Richter, Zeithistoriker .

 

XV.) " Keine wichtige Entdeckung ist jemals gemacht worden, die nicht am Ende alles mit sich gerissen hätte " *.


* Henry Thomas Buckle, englischer Historiker.

 

XVI.) " Ein Stück Entwicklungs-Individualisierungs-Wahrheit ist mehr

wert  als die ganze Welt "* .


* In Anlehnung an Meister Eckhart


XVII.) Siehe auch Entwicklungs-Wahrheits-Individualisierung


XVIII.) Siehe auch Vom Bildungs-Kultur-Lernen zum Entwicklungs-Kultur-Lernen


XIX.) Siehe auch " Die Zukunft des Chrsitentums " in www.entwick-

lungschristentum.de


> Die Welt vom Mittelalter bis zur heutigen Postmoderne darf weniger als ein Abfall von Gott verstanden werden, sondern  als ein weltsuchender Weg zu Gott und wir befin-

den uns inmitten eines religiösen Aufbruchs, wo die christliche Religion auf eine neue Stufe ihrer Entwick-

lung gehoben wird. Es ist die Sehnsucht nach kirchlicher Erneuerung, die auf eigener Erfahrung gründet und zu

ihrem Ursprung zurückführen will. Mit der theologischen Dialektik wird kein Mensch erneuert. Entwicklung ist das Religiöse im Leben als Individualisierungs- Sinn-Zweck

und der religiöse Raum ist die Welt. " Der religiöse Raum

ist die Welt ". Die Entwicklungs-Individualisierung-Zweck-Bestimmtheit steht im Vordergrund und der praktische Alltagsnutzen, Wert und die wissenschaftlichen Erkennt-

nisse stehen im Hintergrund. Wenn eine Sache gedient

hat, dann wird sie einem höheren Zweck durch Überwin-

dung als Transzendierung zugeführt. Der Lebensverlauf

des Menschen ist ein unbiblischer Text, aber voller Reli-

gion. In der Bibel fehlt das Programm für die individuelle Befreiung. Die Beschreibung und Verkündigung des Heils-

geschehen alleine führt noch nicht zum Heil. Die christ-

liche Botschaft versteht man nicht von selbst, sondern

sie muss verständlich gemacht werden, während die in-

dividuellen Entwicklungsweg-Botschaften als Hinweis jeder versteht*.


*I.) Die gotische Kathedrale als Mittel zur religiösen Erfahrung wird zum Mittel einer Entwicklungs-Individualisierungserfahrung als un-

konventioneller, eigentlich unreligiöser Zugang zum Christentum,

weil der Gottesbegriff identisch mit dem Entwicklungsbegriff ist.

Gott hat kein Gesicht, sondern er ist Frieden und die gotische Kathedrale steht für den Entwicklungs-Auseinandersetzungsweg,

um zu seinem Frieden zu gelangen, weil Ruhe aller Suchunruhe Ziel ist.


II.) " Das dritte Jahrtausend werde entweder ein religiöses sein oder überhaupt nicht stattfinden " *.


* Andre Malraux, französischer Schriftsteller, Filmregisseur und Politiker)


III.) Diese Gesellschaft ist voller Religiosität und Sehnsüchte wie

kaum eine andere  Gesellschaft zuvor. Die aufgespeicherte, religi-

öse Substanz hat sich nur ökonomisiert und sozialisiert in den Begriffen Materialismus, Fortschritt, Geld, Sozialstaatlichkeit, Wis-

senschaft, Konsumismus, gesellschaftliche Bestätigung, Lebens-

sicherheit etc. Jeder ist aufgerufen sich ein anderes " Bestäti-

gungs-Gegenüber " zu suchen, was nur ausserhalb der relativen

Welt zu finden ist. Jetzt erst ist die Notwendigkeit und Reife gege-

ben, dass das geschichtliche Christentum in neuer Gestalt fortge-

führt, die Entwicklungsidee im Verständnissinne von Meister Eck-

hart christlich gedeutet und das Christentum als Entwicklungsle-

benstun verstanden wird.


IV.) Beim " Experiment Entwicklungs-Lebens-Christentum " ist die Evolution der individuelle, eingeborene " Entwicklungs-Individuali-

sierungs-Weg " als säkulare Nachfolge Christi zu mehr Gottent-

wicklung im Sinne von Meister Eckhart im Gesellschaftsleben und Beruf. Entwicklung ist kein Religionsersatz, sondern von allen

grossen Religionen, Philosophien und Wissenschaft unstrittiges und auch von Nichtreligionen mit zutragendes, ethisches Erbe der Menschheit.


V.) Siehe auch " Die Krise der Gesellschaft sind immer weniger Ein -

zelne und die Zukunft der Gesellschaft sind immer mehr Einzelne "

in Gesellschafts-und Entwicklungsmensch


VI.) Siehe auch " Die Nachfolge Christi ist immer nur der eigene, gegangene Entwicklungs-Individualisierungsweg in der Welt " in  evolutionäre, säkulare Nachfolge Christi


VII.) Siehe auch vom Bildungs-Kultur-Lernen zum Entwicklungs-Kultur-Lernen


VIII.) Siehe auch  vom statischen Berufsbildungs-Lebenslauf zum dynamischen Entwicklungs-Individualisierungs-Lebenslauf



 2  Von der religiösen, kulturellen Symbolsprache  

     zur Entwicklungs- und Lebenssymbolsprache.

 

> Es wird kein Rückgriff auf Vergangenes, eine Nachah-

mung der epigonenhaften Romantik des 19 Jahrhunderts, wie die  Neugotik um die vorletzte Jahrhundertwende als Spielart des Historismus vorgenommen, wo nach den Befreiungskriegen gegen Napoleon der Erste die gotische, sakrale und profane Baukunst zum Inbegriff einer ur-

deutschen, christlichen, mittelalterlichen Weltordnung verklärt wurde (oder z.B. " gelungener Nachahmungen "

in den USA). Man verstand irrtümlich die Gotik als origi-

nale, deutsche Baukunst und sah in den gotischen Kathe-

dralen des Mittelalters ein Sinnbild urdeutscher Schaffens-

kraft. Die Romantiker hatten bei aller Bewunderung des Mittelalters zunächst wenig kunstgeschichtlich Fassbares und Substantielles. Sie suchten das Wunderbare und schwelgten in diesem katholisch-mystischen Dämmerungs-Frömmigkeitsgefühl. Es war mehr eine Gefühlsromantik das Leben leichter und schöner zu gestalten, aber nicht eine Entwicklungs-Individualisierungs-Gotik, die Lebensschwere und das Lebensleid durch Transzendierung zu überwinden. Die Kathedralen sind zwar nach dem gotischen Formen-

prinzip konstruiert und auf wissenschaftlicher Statik- grundlage in kurzer Zeit gebaut worden, aber ohne inneres, dynamisches, wirkkräftiges, gotisches (Nachahmungs)-

stilgefühl. Eine Renaissance wie damals unter romanti-

schen Vorzeichen verstanden als eine ins unendlich

gehende Sehnsucht nach Heilung in der Welt ist nicht

das Ergebnis einer aus der Tiefe und Urgefühl kommen-

den, vorwärts drängenden Entwicklungsbewegung und

gilt als entchristlichte Kunst des 19. und 20. Jahrhun-

derts. Der geistige Aufriss und der abbildende Sinn des anagogischen Entwicklungscharakters der gotischen Kathedrale des " weiter, höher und hinauf als die Fähig-

keit den Geist zur höchsten Wahrheit zu erheben ", die

Pole Glück und Leid, Leichtigkeit und Schwere zwischen denen alles religiöse Platz findet und der gotische Geist,

welcher das Objekt vernichtet, um Grösseres zu schaffen, wurde in diesem Sinne in der Romantik noch nicht ver-

standen und beabsichtigt *.


* I.) " Romantik ist sehr schön, von der  Ferne gesehen" *.


* B.Travem.


II.) Alle  Formen,  welche die Gotik hervorbrachten waren Formen des Leidens. Allen Köpfen der gotischen Bildhauer- und Schnitzerkunst bspw. ist eine tief ernste, fast düstere Stimmung gemeinsam, weil die Menschen der Gotik von Unglücken und der Pest verfolgt waren. Sie hatten Sehnsucht nach einer besseren Welt im Jenseits. In ihrer Not und Verzweiflung suchten sie Trost und Hilfe bei den Heilmitteln der Kirche. Nur so sind die asketische Vergeistigung und der der fana- tische Baurausch zu verstehen,wo im 12. Jahrhundert überall in Europa riesige Kathedralen in die Höhe wuchsen.


III.) Im Leiden liegt der grösste Segen. Du irrst wenn, du etwas an-

ders suchst als Drangsal. Es ist die letzte Tiefe, um daraus alles zu begründen und zu gestalten. Ohne Leiden kann der Mensch nicht " zum Heile"  gelangen. Nur über Armut, Entbehrung und  Leiden

ging  bisher  der Weg aller Religionen ins Göttliche. Erst das  Lei-

den hat der Menschheit das  Gefühl der Religion, den Gedanken

eines  Gottes  erschaffen. Mystische Erfahrung ist ohne den Durch-

gang von Leiden nicht zu erreichen.


IV.) Alles Wissen kommt aus Leiden. Erst der grosse Schmerz ist der letzte Befreier des Geistes. Er allein zwingt uns in unsere letzte Tiefe zu steigen. Wer auf sein Leid  tritt, tritt höher. Er steht fortan über seinem persönlichen Leben und über seinem Leiden. Bewusstsein begründet sich auf Leiden und alle höheren Bewusstseinbegriffe sind steigendes Leiden. Je mehr der Mensch leidet, umso seliger erkennt

er den Sinn und die  Notwendigkeit des Weltleidens


V.) Nach dem  Philosophen Friedrich Nietzsche wirkt veredelnd 

nur jeder  Schmerz, den zu überwinden, wir  Kraft besitzen. Es war

für ihn nicht der  Tribut, den man  zahlen muss um das  Tor der ewigen Seeligkeit zu öffnen. Der Schmerz war für ihn eine Macht,

mit diesem man sich furchtlos mit allen möglichen Therapien aus-

einandersetzen muss, um ihn zu überwinden. Leiden war für  ihn eine  Schule der Weisheit. Wer viel gelitten hat, weiss  mehr als

die Weisesten wissen können. Seinem Siechtum verdankte er

mehr als seiner Gesundheit. Alle seine Krankheiten waren Stimu-

lanz zum mehr erleben und entdeckte das Leben gleichsam neu. Es

ist das " amor fati ", das Notwendige  nicht nur zu ertragen, son-

dern auch zu lieben. Je mehr ein Mensch zukunftsbestimmt ist, je  grösser sein Leiden, weil die gestalterischen Kräfte sich abstossen.


VI.) " Ohne Leiden bildet  sich kein Charakter  "*.


* Freiherr von Feuchtersleben.


VII.) Der Mathematiker Blaise Pascal betrachtete die Krankheit als

der natürliche, glückliche Zustand  des Christen.

 

VIII.) "Gott hat mich mein ganzes Leben lang gequält "*.


* Fjodor Michailowitsch Dostojewski, Schriftsteller.

 

IX.) " Wo Gefühl ist, da ist auch Leid "*


* Leonardo da Vinci, Maler.


X.) " Seit dem 18 Lebensjahr verging kein Tag ohne physische Schmerzen die er durch die Gedankenarbeit zu verbessern suchte *"


* Blaise Pascal, Mathematiker+


XI.) Von der Gefühlsromantik das Leben leichter und schöner zu gestalten zur Entwicklungs-Individualisierungs-Gotik die Lebens-

schwere und das Lebensleid durch Transzendierung zu überwinden.


XII.) Der Historismus ist Nachahmung und Rückgriff auf ältere Stil-

richtungen und ist stets ein System des Alterns. Der Mensch ist

dem Ewigen zugewandt, im Historismus ist es die Vergangenheit

als Wissenschaft auf die Zukunft dessen, was technisch möglich

ist. Aber es fehlt dem Historismus die letzte Tiefe. Anstatt der ge-

setzesmässigen Betrachtung des historischen Prozesses erfolgt

eine individualisierende Interpretation.


XIII.) Es waren nur Kopien von gotischen Kathedralen, aber ohne zeugende Lebenskraft, weil analog ein originäres Schaffen nicht

mehr möglich war. Die gotische Kathedrale bleibt ein ständig wachsendes Gebilde und lebt von den ständigen Verbesserungen

und dieses war mit der Bauvollendung in wenigen Jahren nicht

mehr gegeben.


XIV.) Im Jahre 1904 wurde  bspw. der " Berliner Dom " eingeweiht

und gilt als  " Kathedrale der Protestanten",  aber es  fehlt diesem Bauwerk das religiöse Lebensgrundgefühl, der motivierende  Nach-

ahmungs-Elementardrang und die Mystik  eines gotischen Domes. 


XV.) Das neunzehnte Jahrhundert war in besonderer Weise bemüht die mittelalterliche Gotik nach zu empfinden (neue Gotik), doch die Fenster erinnern eher an viktorianische Malerei oder die Kunst der Präraffaeliten als an den vergleichsweise strengen Stil der Gotik.


* Die Präraffaeliten waren eine in der Mitte des 19. Jahrhunderts in England zusammengekommene Gruppe von Künstlern.


XVI.) Viele hundert Jahre haben die Wunderbauten der Gotik den Deutschen, den Europäern vor Augen gestanden und sind für die Kunst doch wie nicht vorhanden gewesen. Der Idealbegriff hat über sie hinweg gesehen.


XVII.) Der Mensch ist über Generationen hinweg erzogen worden

sich von der  natürlichen Schöpfung zu befreien. Die innere Kraft

der damaligen Gotikzeit war nicht ausgerichtet auf Kultur, Wissen-

schaft, Ökonomie und Bewusstsein, sondern auf das immanente " göttliche Gegenüber ", dem der einzelne Mensch näher zu kom-

men trachtete. Deshalb entwickelten sich Kultur, Wissenschaft, Ökonomie und Bewusstsein nur gleichnis-und mittel-zweckhaft, welches auf höheres verwies, was der Mensch sein kann. Dieses besaß  keine Wirklichkeit an sich, an dass der Mensch glaubte

und sich gegründete. Heute wird der gotischen Kathedrale als kunstgeschichtliches Bauwerk und oft als Kulturerbe der Mensch-

heit Wirklichkeit zugebilligt und bei der Restauration oder bei

einem Nachbau einer gotischen Kathedrale erfolgt diese durch

seine Bewusstseins-Könnens-Fähigkeiten. Er bezieht  seine Kraft

und seinen Geist nun von den Werken, die er selber einmal geschaf-

fen hat und die ihrerseits ihm all sein Können und alle seine Kräfte abverlangen, um diese zu erhalten oder nachzubauen, da diese Bauwerke ja nicht aus eigener Kraft existieren.

XVIII.) Es entsteht damit der verhängnisvolle Zirkel, dass das, was

die Kraft des Menschen erfordert, um diese zu erhalten, dem Men-

schen selber zuvor die Kraft geben soll, damit er diese Aufgabe erfüllen kann. Deshalb kann z.B. eine restaurierte, gotische Kathe-

drale oder ein Nachbau nicht mehr die ursprüngliche, zeugende

Kraft geben. Sie wurde nicht wie damals mit diesem religiösen Lebensgrundgefühl, der Volksfrömmigkeit und Begeisterung ge-

baut und es fehlt der Lebenswille, der einst elementar in die For-

men gelegt wurde und diese Willenskraft jeden Menschen zur Nachahmung ergreift. Der Mensch des Mittelalters ist in seinem Naturell und seiner Berufung nach Pilger (" Ich bin der Weg, die Wahrheit und das  Leben ") und alles diente dem Wohlergehen

der Seele. Statt das " göttliche   Gegenüber " in den Dingen zu

sehen als Mittel zum Entwicklungs-Individualisierungs-Sinnzweck

hat der Mensch diese Dinge in den Kulturbesitz  genommen und

sich innerlich und äusserlich angeeignet. Der äussere Besitz des Menschen ist die Kultur und der innere Besitz ist gleichsam das Bewusstsein als ihr Spiegelbild. Man kann sagen, dass die Welt

dem Menschen nur in dem Maße im Bewusstsein in Besitz gege-

ben wird, indem er auf Gott zugeht, und nur dieses nur in dem

Maße hat, wie viel er davon transzendiert hat. Es ist der Rat von Meister Eckhart, " dass jegliche Kreatur Gottes ist und das Viele

nur da ist, um zu dem Einen (Gott) zu gelangen ". Der Mensch darf

sich nicht auf Kultur und Bewusstsein begründen und seine Existenz davon abhängig machen. Dieses bedarf einer anderen Rechtfertigung, weil Kultur und Bewusstsein nur ein Ausschnitt und nicht das Ganze darstellt.


XIX.) Siehe auch " Individual-Gottesbegriffs-,Entwicklungs- und Ver-

mittlungsverständnis " eines Meister Eckhart

XX.) Bis in das 19. Jahr­hun­dert hin­ein galt die Go­tik als ty­pisch deut­scher Stil. Nicht zu­letzt des­halb wur­de im His­to­ris­mus gerne auf

go­ti­sche Vorbil­der zu­rück­ge­grif­fen. Ei­ne nach­träg­lich be­trach­tete

er­staun­li­che Einschät­zung, denn na­tür­lich stand die Wie­ge der Go­tik und da­mit der go­tischen Ka­the­dra­len in Frank­reich. Zum Teil geht

die­se fälsch­li­che Zuschreibung wohl auf den Be­griff  " Go­tik "

zu­rück, der ger­ne mit " deutsch " as­so­ziiert wur­de *.

* Dieser Textabschnitt wurde übernommen aus DAMALS, das Magazin für

Zeitgeschichte.


XXI.) In der deutschen Romantik (die französische Revolution hatte die Romantikwelle mit seinem Freiheitsrausch, Renaissance etc. ausgelöst), einer Zeit der Unruhe und Suche, in der man um eine nationale Identität rang, bevor 1848 in der Frankfurter Paulskirche das erste deutsche Parlament tagte und auch 1871 das deutsche Kaiserreich gegründet wurde, symbolisierte die gotische Kathedrale das Ideal der Einheit. Es war ein verklärter Rückblick in das deutsche Mittelalter, in dem der Glaube und das Reich stark waren.


XXII.) Die gotische Bauweise gilt vielen Deutschen auch heute noch

als der Typ des Kirchenbaues überhaupt, was der Empfindungs-

welt und dem  Raumgefühl der Deutschen entspricht.


XXIII.) Am Ende des gotischen Zeitalters hatte der europäische Mensch sich von Grund auf gewandelt. Die Renaissance war nicht

die Überwindung, sondern Vollendung dessen, was im Zeitalter

der Gotik begonnen hatte. Das Ende der Epoche war der Anfang

des modernen Europa.


XXIV.) Der gotische und der griechische Geist haben in den Jahr-

hunderten der christlichen Kunst mächtig miteinander gerungen

und einen Kampf um die Form ausgetragen. In dieser Auseinan-

dersetzung musste der Geist der  Gotik siegen, weil das Schwer-

gewicht der Kunst verlegt war von aussen nach innen und vom Sinnlichen zum Seelischen. Früher war der Mensch in der Welt gewesen, als ein Teil davon und die Welt war für ihn da. Jetzt wur-

de die ganze Welt nur noch im Menschen als Mittel zur religiösen,

seelischen Entwicklung betrachtet was seine Fortsetzungs-Sinn-

linie in der Individualisierungsentwicklung findet und die Welt nur

als Mittel zum Entwicklungs-Individuationszweck und Gleichnis gesehen wird. Das musste zu einer Umwertung der Form führen. Deshalb ist der gotische Geist in Europa solange mit dem Christen-

tum im Gleichschritt gegangen und deshalb wird die Gotik als Weltkulturerbe zum individuellen Entwicklungserbe, wo jeder Einzelne in der Auseinandersetzung diesen Geist transzendiert und selbst zur Kultur wird *.


* In inhaltlicher Textanlehnung an Karl Scheffler, deutscher Kunstkriti-

ker und Publizist.


> Wir sind Abendländer und haben alle eine (gotische) Entwicklungslebenswurzel und sind Geistesverwandte von Meister Eckhart dem grossen Mystiker des Mittelalters. Entwicklung entspricht den Idealvorstellungen der Gotik

und das menschliche Entwicklungsprinzip ist die zeugende Lebenskraft der Mystik des gotischen Domes. Das Gotische Lernprinzip und die gotische Kathedrale sind das Symbol

und ein sinnliches, greifbares Spiegel und neuzeitliches Abbild der menschlichen Entwicklung. Die Dynamik der  Baugestalt ist der Aufwärtsdrang des menschlichen Ent-

wicklungsstrebens  und in jedem Menschen als Lebens-

prinzip, Bewegungsursache und Formursache als das Ursächlichste, Eigentliche und Träger der Lebensvor-

gänge in gleicher Weise " als individuelles Eigengesetz " angelegt und bei Entwicklungsreife ist es " höchstes Leben

in wirkkraftfeldhafter Aktion " ein Leben lang. Die Entwick-

lungsidee ist aus dem Geist der Gotik geboren und findet

im Geist der Gotik statt. Einer entwicklungslichtlosen

Zeit wird die " Entwicklungslichtgestalt " einer gotischen Kathedrale als Lebensgrundgefühl der Entwicklung und  Höhepunkt europäischer Kunst als Aufbruchideal für die Jugend und " Altjugend "gegenübergestellt *. 

 

* I.) Abendland wird hier nicht als eine Fiktion und das Pendant zum Morgenland, sondern als die Übereinstimmung mit der (christia-

nisierten), westlichen Welt verstanden. Dass Wort Abendland ist ein mittelalterliches Wort :es meist die Einheit der Christenheit gesichert durch Kaiser und Papst wie diese im Reich Karls des Großen gegeben war und bis zur italienischen Renaissance bestanden hatte. Der Humanismus hat den Begriff Europa an die Stelle des Abendlandes gesetzt. Aber das  Abendland kann nicht untergehen, denn das Abendland ist ein geistiger im christlichen verankerter Begriff. Auch wenn das Christentum  in der heutigen Moderne sich in der Krise findet, kann vom Untergang des Christentums keine Rede sein. Im Gegenteil, durch die Krise deuten viele Zeichen darauf hin, dass sich das Abendland auf eine christliche Renovation bewegt, die alle Kirchen erfasst.


II.) Siehe auch Individualisierungs-Entwicklung als Lebensweg


III.) Siehe auch " In eigener Sache " in Entwicklungsgotik


IV.) Siehe auch Gotisches Lernprinzip


V.) Siehe auch Vom Bildungs-Kultur-Lernen zum Entwicklungs-Kultur-Lernen


> Eine solche Entwicklungsdeutung der verborgenen Ent-

wicklungsphänomene und der Entwicklungssymbolik der gotischen Architektur als Entwicklungsweg-Individualisie-

rung über die religiöse, geschichtliche und kunstarchitek-

tonische Deutung hinaus ist in diesem Kontext noch nicht versucht worden und kann als metaphormosische Um-

gestaltung als Weiterentwicklung des christlichen, Weltkul-

turerbgutes zum individuellen Erbgut eines Entwicklungs-

christentums als Wert- und Bedeutungserhöhung der gotischen Kathedrale verstanden werden. Entscheidend ist immer die Verbesserung des Bisherigen und jeweils Besten des eigenen oder des Gedankengutes der anderen, was dann das originäre Neue ausmacht. Das Neue ist nicht immer das Bessere, aber das Bessere ist immer neu. " Gotik als Bau-

stil ",  hier gibt es viele kunstgeschichtliche Literatur zu kaufen und farbige Webseiten " zu googeln ", aber über Gotik als Entwicklungslebensstil im Sinne von Entwicklungs-Kultur-Lernen als dessen Neuschöpfung, da sucht man vergeblich und viele Suchbegriffe sind unbekannt. Allgemein gilt das Symbol für die subjektive Schöpfung der künstlerischen Erfindungskraft. Die Entwicklungssymbolsprache versucht die ontologische Bedeutung  der Entwicklungswirklichkeit hinter den Gegenständen der sinnlichen Wahrnehmung und der archtektonischen Formen sprache die unsichtbare Wirklichkeit des Intelligiblen und den Lebensbildungscha-

rakter einer Entwicklungseigenschaftsmetapher zu begreifen.  


> Bei dem Individualisierungsstreben werden nicht nur grosse Gedanken und Wahrheiten gewusst, sondern es

wird sich an grossen Gedanken und kulturellen Schöp-

fungen emporgearbeitet und in der ständigen Entwick-

lungsreflexion individualisiert. Der Schlüssel liegt in der Besucherpermanenz der gotischen Kathedrale, weil davon gefesselt und nicht in der einmaligen touristischen Kathe-

dralenbesichtigung als Pflichtbesuchsprogramm des " ich war ja schon da gewesen". Die Zeit war dafür noch nie so

reif, die gotische Kathedrale aus dem Dunkeln zu holen,

weil die Menschen noch nie so weit davon entfernt waren. Das Religiöse lässt sich vom Entwicklungs-Lebens-Indivi-

dualisierungs-Prozessakt nicht trennen und ist, wenn

religiös gedeutet, immer mitgegeben. In der persön-

lichen Individualisierungs-Entwicklung liegt alle Religion eingeschlossen, die der Mensch braucht. Die religiöse Deutung  der Evolution (d.h., was Gott im Lebensalltag

mit mir vor hat und warum ich für alle da bin) und vom Leben her "entwicklungs-individualisierungs-wegmässig " zu denken ist das, worauf es nur ankommt. Alles andere

ist zweitrangig *.


* I.) Siehe auch Entwicklungs-Individualisierungsreife "Bis zum Reifezeitpunkt...Beim Reifezeitpunkt..."Nr.782 in vom Bildungs-Kultur-Lernen zum Entwicklungs-Kultur-Lernen


II.) Erst im entwicklungskulturellen Individualisierungs-Freiheitsakt wird jeden neuen Tag dem Leben Sinn, Wert und Entwicklungsbe-

deutung gefunden und empfangen. Es ist die selbst geschaffene und ständig neu zu gewinnende Freiheit durch das Entwicklungs-Frei-

heits-Lernen über seinen Entwicklungsweg zu sich selbst zu gelan-

gen. Das ist seine Rechtfertigung und seine Sinnbestimmung und

sein Ziel.


III.) Es gibt keine Individualitätsnorm für das Menschsein. Durch

die Sozialisierung wird der Mensch ab- und durch die Entwicklung aufgewertet. Jeder Einzelmensch bereichert das Kollektiv, die Gesellschaft ist umso menschlicher und jeder Staat kann stolz sein,

je mehr Einzelne er hervorbringt.  


IV.) Siehe auch Individualisierungs-Entwicklung als Lebensweg


V.) Siehe auch evolutionaere, säkulare Nachfolge-Christi


* Das Christentum ist eine Religion der Individualität, weil nur der Einzelne vor Gott gestellt ist.


VI.) Die Gleichheit steht " Gott sei Dank  " nur auf dem geduldigen Papier und damit lässt sich nicht die menschliche Natur (Individua-

lisierungsstreben austreiben. Das Individuelle und nicht das Gleiche macht den Einzelnen aus. Die Gleichheit und die Individualität vertragen sich so gut  wie Wasser und Natrium. Mit dem Postulat

der Gleichheit in allen Lebensbereichen wird ausgeschlossen, was

im menschlichen Leben verwirklicht werden soll. Werte entstehen nur dort, wo sie in dem Bemühungen des Einzelnen in der indivi-

duellen Lebensauseinandersetzung religiös interpretiert „ zum gött-

lichen gegenüber " entwickelt werden und damit sakral begründet sind. Diese Werte sind nur Gleichnis, welche auf höheres verweisen und was verwirklicht werden soll. Bei einer gesellschaftlichen An-

erkennung und Bestätigung dieser Werte werden sie wieder auf

die Nullstellung zurückgesetzt. Darüber hinaus gibt es eine nicht

zu verleugnende Ungleichheit in unserem Lebensalltag, abhängig

vom Emigrationshintergrund, der Sozialisierung, dem Bildungs-

grad, den Entwicklungsanlagen, den, persönlichen Sinninteres-

sen, der beruflichen Position, des Besitzes und Geldes, der gesell-

schaftlichen Anerkennung und Bestätigung etc., was berücksich-

tigt werden muss.

 

VII.) Bevor ich geboren wurde, wurde schon über meine (Un)freiheit durch die Erziehung, Bildung, Sozialisierungsanpassung, Ökonomi-

sierung, berufliche Integration etc. entschieden, wie ich als unper-

sönliches Werkzeug der Zivilisation zu sein habe (was auch erst einmal nicht anderes sein kann). Erst durch das Individualisierungs-

streben entscheide ich über meine (Entwicklungs)freiheit, wie ich zum persönlichen Werkzeug der Zivilisation durch die Individua-

lisierung zu sein habe (was bei Entwicklungsreife nicht anders sein kann).


VIII.) Siehe auch " Die Krise der Gesellschaft sind immer weniger Ein-

zelne aber die Zukunft der Gesellschaft sind immer mehr Einzelne " in  Gesellschafts-und Entwicklungsmensch

                           

IX.) Siehe auch Entwicklungs-Individualisierungs-Gewissen


X.) Siehe auch Entwicklungs-Individualisierungs-Bringschuld der Entwicklungslosigkeit


XI.) Der Arbeitsbegriff unterliegt dem Wandel der Zeiten. Das Ar-

beitsverständnis und die Arbeitsanforderungen haben sich mit der wirtschaftlichen, technischen, gesellschaftlichen und insbesonde-

re mit der zunehmenden Individualisierung und Digitalisierung

der Arbeitswelt fundamental gewandelt und die alten Arbeitswert-

vorstellungen entwertet.


XII.)  Siehe auch Wandlung der Arbeits-und Berufswelt


XIII.) Siehe auch Vom statischen Berufs-Bildungs-Lebenslauf zum dynamischen Entwicklungs-Individualisierungs-Lebenslauf


XIV.) Siehe auch Vom Beruf zur Berufung


XV.) Siehe auch  Neues, digitales Zeitalter


XVI.) Siehe auch Individualgeschichtlichkeit


XVII.) Siehe auch Individualisierungs-Entwicklung als Lebensweg


XVIII.) Siehe auch " Individualgeschichtliches Gottesbegriffs-,Entwick-

lungs-und Vermittlungsverständnis eines Meister Eckhart


XIX.) Siehe auch evoltuionäre Allzeit-Jetzt-Lebensnutzung

                               

> Gotik als Bau- und Entwicklungsstil ist die Weiterent-

wicklung des gotischen Baustilwissens und seiner kultu-

rellen Einzigartigkeit, um die Kathedrale nicht nur kultur-

architektonisch, sondern auch als Lebenseinzigartigkeit

im Entwicklungs-Individualisierungsgeiste zu verstehen.

Die Scholastik auf dem religiösen Gebiet ist die Gotik im künstlerischen Gebiet. In " Gotik als Bau- und Entwick-

lungsstil 1 bis Gotik als Bau- und Entwicklungsstil 9 " wird

in mannigfachen der religiösen, architektonischen Bau-

symbol- und Allegoriensprache als Verbildlichung und Versinnlichung  der christlichen Ideen-Jenseitswelt

die Entwicklungs- und Lebenssymbolsprache  als Ver-

bildlichung und Versinnlichung der Entwicklungs-

ideen-Diesseitswelt gegenübergestellt, um die Doppel-

natur der gotischen Symbolarchitektur aufzuzeigen und

die religiösen, entwicklungssymbolischen " Erinne-

rungsschätze der gotischen Kathedrale " für das heutige Lebensgefühl, den heutigen Zeitgeist und für das heutige Sturm- und Drangideal der Jugend und " jungen Alten "

als Gotisches Lernprinzip schlecht hin zu erschliessen.

Dieser immer noch vorherrschende Dualismus gilt

aber wissenschaftlich als überwunden, weil sich alles in

der Einheit  (Verschränkungsprinzip der Interverbunden-

heit) wieder findet, was auch wieder mit dem gotischen Bauwerk-Einheits-Verständnis identisch ist, indem jedes Einzelbauteil vom Ganzen abhängig ist *.


* Die Erklärung der Verschränkung zeigt, wie die materielle Welt

und die innere Welt durch den ständigen Informationsaustausch miteinander verbunden sind und nicht nur mit jedem Individuum, sondern auch mit jedem Punkt des Universums. Zwei verschränkte Objekte, obwohl Lichtjahre entfernt, trotz grosser, räumlicher

Distanz sind miteinander verbunden und können Informatio-

nen austauschen. Das zeigt doch deutlich, dass es eine geistige

Welt neben der materiellen Welt lostgelöst von Raum und Materie geben muss. Aus diesem Grunde ist jedes Individuum ein Teil des grossen Ganzen, mit dem grossen Ganzen verbunden, befindet

sich in Übereinstimmung mit dem Ganzen, da auch die kom-

plexen Vorgänge des Entwicklungs-Geist-Bewusstseins den geist-psychischen Plastizitäts-Gesetzmässigkeiten der Quanten-

physik unterliegen.

                          

> Die Gotik hat nie ihren vermittelnden " Entwicklungs-Individualisierungs-Zweck-Gleichnis-Prüfstein,  Höherweg-

weiser-Sinn, Selbsterziehungsmittel, Hinweis-Charakter " verloren, um sich in der Auseinandersetzung der Indivi-

dualisierungsentwicklung ein " anderes Gegenüber der Selbstbegründung ausserhalb der Gesellschaft " zu suchen, weil das Leben auf etwas begründet sein muss, was das unsichere, unruhige Weltleben übersteigt und ausser-

halb dieser relativen Welt liegen und zu finden sein muss, was innere Ruhe, Sicherheit und Frieden bringt. Der statischen, entwicklungslosen, religiösen Sichtweise

der christlichen, belehrenden Moral und " den heilig machenden Tugenden " wird die dynamische, individu-

elle entwicklungsmöglichkeitsreiche Lebenssichtwei-

se der Entwicklungsprozessmoral, wo das Leben sich

selber moralisiert (die Tugend wird in der Untugend voll-

bracht) und den Entwicklungsindividualisierungs-Eigen-

schafts-Tugenden gegenübergestellt, um die Kathedrale

in ihrem ursprünglichen, kunstgeschichtlichen und im weiterentwickelten, metaphorischen, entwicklungskul-

turgeschichtlichen Sinne zu verstehen. Die Kunstarchi-

tektur wird zur Lebensarchitektur. Der abstrakte Sym-

bol- und Bildsinn der abbildenden Formensprache wird

zum entwicklungsbildenden konkreten, lebendigen

Symbolsinn in der Entwicklungslebenssprache im All-

tag meiner Lebenswelt als naturalistisches Abbild der darzustellenden Entwicklungswirklichkeit *.


* I.) Siehe auch " Es wird die Tugend erst in der Verführungs-

schwachheit vollbracht, weil die Kraft erst in der Schwachheit, in

den Unvollkommenheiten und Krisen zur Entfaltung kommt.Es ist erst einmal den Weg nach unten zu gehen, um den Weg nach oben

zu finden. Ohne die Untugend gibt es auch keine Tugend. Es gibt

kein anderes Denken, als solches in Gegensätzen. Diese bilden die Maßbegriffe mit deren wir die gegebene Wirklichkeit bestimmen "

in Entwicklungs-Individualisierungs-Lebens-Widerspruch.


II.) Bildungs-Kultur-Lernen ist alle Zeit, alle Kräfte und alle Mittel verwenden, um mehr Geld zu verdienen und um mehr zu haben. Entwicklungs-Kultur-Lernen ist alle Zeit, alle
Kräfte und alle (Unruhe)mittel verwenden, um mehr
zum inneren Frieden durch die Überwindungs-Transzen-
dierung zu gelangen und mehr zu sein. Er versteht dann
auch den Satz des Kirchenlehrers Augustinus: " Wer seinen Frieden gefunden hat d.h., wer " Gott " geschaut hat (Gott
ist identisch mit Frieden und mit dem Begriffswesen mitgesetzt), in allem seine Ruhe gefunden hat und immer wieder neu findet, nichts mehr dazu lernen braucht und deshalb alles Wissen,Verstehen gelernt hat was es zu lernen gibt und alle Fragen beantwortet sind. Wenn ich zu meinem inneren Frieden gekommen bin, betet man ohne zu wollen und jedes Gebet ist erhört.
Siehe Textfortsetzung Nr. 403 in vom Bildungs-Kultur-Lernen zum Entwicklungs-Kultur-Lernen

III.) Siehe auch " Die Zukunft des Straßburger Münsters und anderer

gotischen Kathedralen " in Zukunft Strassburger Muenster


> Die zur Zeit über 300 Entwicklungs-Zuordnungs-Stil-Gene-

se-Beispiele von der Kathedralengotik zum gotischen Lernprinzip in Entwicklungs gotik 1 bis Entwicklungsgotik 9, welche auf alle Lebensbereiche herunter dekliniert werden, sind beliebig, oft kunsthistorisch oberflächlich, im Detail unscharf und entsprechen nicht immer den Auswahlkri-

terien der gotischen architektur- und stilgeschichtlichen Betrachtungsweise und Bauvokabularsprache. Schon deshalb nicht, weil der gotische Formbauwille mehr le-

benspsychologisch, entwicklungsreifewegfinal, lebensab-

sichtsimmanent, zeitlos, einheitsbezogen, einzelgewissen-

führend, lebenstranszendierend, lebensgrundgefühler-

greifend und lebensübersteigend als mehr architekto-

nisch, akademisch, religiös-scholastisch, kunstgeschicht-

lich und traditionell zu verstehen ist. Es geht hier nicht um eine kunstarchitektonische Stilstufe, sondern etwas, was den ganzen Menschen ergreift. Der Dichter J.K. Huysmann hat die Mystik des gotischen Domes mit all seinen Sinnen in seinem Werk " La cathedrale " erfasst und erlebt*.


*I.) Die von dem Baumeister Erwin Steinbach entworfene Westfas-

sade im Rosengeschoss des Straßburger Liebfrauenmünsters ist  eine " steinerne Ekstase als künstlerische Vollendung des Christentums" so überwältigend, dass man glaubt, sich im Nabel der Christenheit zu finden. Weil es die Seele berührt, bringt es die Seele in Wallung. Nicht dadurch kommt Erkenntnis des Erlebens zustande, dass man darüber nachdenkt und studiert, sondern dadurch, wo das  Leben zum Aus-

druck kommt durch die Empathie des ganzen Menschen. Wer von diesem kulturellen Kleinod ergriffen und erfasst wird, der würde jedes Gramm des Münstervogesensandsteins in Gold  aufwiegen und diese seelische Errregtheit lässt sich mit keinen noch so kraftvollen Sprachausdruck, sondern nur schweigend erfassen. Wenn ich mich in der Erkenntnis wieder erkenne, handelt es sich um einen lebendigen Prozess, der den gesamten Menschen erfasst und dieser selber ver-

wandelt wird. Das Subjekt und das Objekt der Erkenntnis sind identisch und die  Spaltung ist aufgehoben. Diese Erkenntnis ist tatsächlich Weg, Wahrheit und Leben zugleich und zieht kein Han-

deln mehr nach sich, sondern Erkenntnis und Verwirklichung sind eins. Nur mit der blossen Macht des Daseins werden Entscheidungen herbeigeführt, ein Geschehen, was von selbst geschieht. Ein Mann macht viele, weil seine Individualität in der Individualität aller aufgeht.

II.) Für den mittelalterlichen Menschen ist die dingliche Welt über-

haupt nur als Symbol verständlich für die einzige ontologisch gül-

tige Bestimmung der Wirklichkeit. Jeder gotische Begriff, jedes

Baumerkmal, jede gotische Form, jede Allegorie, jedes Gleichnis,

jede Symbolmetapher hat ihre eigene Gottes- und Entwicklungs-Individualisierungs-Wahrheit.

 

> Ein Wissen über den gotischen Baustil ist etwas völlig anderes als das Wissen, warum die gotische Kathedrale

(für mich) da ist. Den Entwicklungs-Tugend-Lern-Geist des  Gotischen Lernprinzips zu verstehen ist erkenntnisreicher, als nur eine Kathedrale zu besuchen. In einem Video z.B.

wird der gotische Baustil erklärt, aber hier geht es um das Ergriffen werden, um mein Lebenaufbruchsinn zu begrei-

fen. Das nüchterne Baufaktenstilwissen ist für den Besu-

cher meistens nur schnell vergessliches Kathedralen-Füh-

rungswissen (kurz vor dem Mittagessen), vom oberfläch-

lichen Interesse und nicht zündend, aber meine Empfin-

dung liegt tiefer und der Funke springt über, wenn mir

darin mein persönlicher Entwicklungs-Lebensweg ge-

zeigt wird und ich von diesem erfasst werde. Es ist zwar lohnend bspw. in einer " Quizveranstaltung"zu wissen,

dass die architektonische Höhe des Nordturm des Straß-

burger Münsters 142 Meter beträgt, aber die Turmsym-

bolik, welche für die Lebensblick-Richtung nach oben

steht, welches auf Höheres verweist, was verwirklicht werden soll und auch als Metapher für die tiefste Sehn-

sucht," in den Gottesursprung " (Frieden) zurückzukehren, das liegt tiefer und ist lebens-individualisierungs-weg-

weisender. Das eine weiss ich, das andere bin ich und werde

es einmal sein. Die Höhe bedeutet auch, dass er nicht zu übersehen ist und ich immer wieder daran erinnert werden soll, " Gott als meinen Lebensmittelpunkt " näher zu kom-

men, weil jede Lebensfrage für jeden gottgläubigen Men-

schen nur die Gottesfrage in neuer Entwicklungslebens-

(gott) gestalt als der Genius des Christentums ist und

nicht der Mensch die Entwicklung, sondern die Entwick-

lung (Individuallogos) den Menschen macht. Bei einer gotischen Kathedrale ist es fast nebensächlich, was ich wissen soll, aber hauptsächlich, wie ich einmal werden soll. Nicht die Bau, sondern  die Entwicklungssymbolfakten sind entscheidend *.


* I.) Siehe auch " Individualgeschichtliches-Gottesbegriffs-,Entwick-

lungs-und Vermittlungs-Verständnis " eines Meister Eckhart


II.) Siehe auch  Geistige Entwicklungsstufen und Lernphasen

 

> Die vielen Lebensvergleichsbeispiele mit dem gotischen Baustil in Entwicklungsgotik 1 bis Entwicklungsgotik 9 sind die Kinder verschiedener Eltern (gotischer Kathedralen), aber besonders die Individualgotik des Straßburger Münsters zeigt erst den Individualisierungs-Entwicklungsweg vollends als evolutionäre, säkulare Nachfolge Christi auf. Die Zuord-

nungen sind nur eine Momentaufnahme und austauschbare Beispiele des Vorläufigen, des Möglichen, des noch Besseren, nichts endgültiges, wie das gotische (Bau)Lernprinzip selbst. Sie sind nur theoretischer, allgemeiner Entwicklungsnatur und spiegeln die Entwicklungsindividualrichtung des Ein-

zelnen wieder. Erst in der praktischen, individuellen Ent-

wicklungslebenswelt wie Arbeit, Freizeit, Familie/ Partner-

schaft, Wirtschaft, Bildung, Gesellschaft, Kultur, Staat,

Recht, Technik +Wissenschaft, Unterhaltungs-, Konsum-

und Medienwelt, Gesundheit, Umwelt bspw. mit allen Lebensfacetten werden diese Entitäten auf den " Entwick-

lungs-Individualisierungs-Erlebens-und Selbsterfahrungs-

punkt " gebracht, was der zentrale Themenschwerpunkt

der Domäne www.entwicklungszukunft.de ist. Es ist die kulturelle Weiterentwicklung des Materialismusgedan-

kens als Rematerialisierung in allen Lebensbereichen,

dass alles Sichtbare mit unsichtbaren Entwicklungsmög-

lichkeiten und Entwicklungseigenschaften als Symbol, Gleichnis, Prüfstein, Gewissen Selbsterziehungsmittel und Höherweisersinn zum Individualisierungszweck geschaf-

fen wurde. Das Haben wollen wird zum Sein wollen durch Überwindung zum Geist transzendiert, was sich in allen Lebensbereichen vom Niedrigen zum Höheren als Entwick-

lungszielrichtung vollzieht*.


*I.)  An wichtigen Punkten der Evolution treten Wertwenden auf d.h.,was bis dahin entwicklungsförderlich war (Maß, Sinn, Wert)

wird entwicklungsschädlich (Maß-,Sinn-und Wertlosigkeit), die werbende Kraft der Anziehung lässt nach und die Involution zur Evolution. Beim Reifezeitpunkt wird die kritische Masse für Verän-

derungen erreicht (Sättigungsgrad) und nach dem allgemeinen Gleichgewichts- und Reifegesetz und dem ewigen geschichtlichen Entwicklungsgesetz " des Vergehens und des Werdens "schlägt die quantitative Veränderung in qualitative Veränderung um als nächste, höhere Entwicklungsstufe, welche die Ermattung des Denkens der jetzigen, geistigen Situation überwindet. Siehe Textfortsetzung in

der Gotische Baustil 1

 

II.) Siehe auch Vom Bildungs-zum Entwicklungs-Kultur-Lernen


III.) Siehe auch  " Das gotische Lernprinzip als Bau(lebens)idee, welches alle bewegt " Nr.XX  " Gotische Entwicklungs-Individua- lisierungs-Eigenschafts- Tugenden und Entwicklungs-Lern-Grundprinzipien " im Gotischen Lernprinzip


> Es wird auch nicht kunsthistorisch unterschieden, ob Früh-,

Hoch- oder Spätgotik, ob Sakral- oder Profangotik, ob archi-

tektonische Baumischformen, romanisch begonnen und

im spätgotischen Flamboyantstil beendet. Es ist auch für

die Entwicklungsinterpretation bedeutungslos,  ob es sich um das reine gotische Stilideal wie z.B. von Notre-Dame in Chartres (Urbild), Notre-Dame in Reims (klassisches Bei-

spiel französischer Hochgotik) oder Sainte-Chapelle in

Paris (Juwel) handelt, ob nur von der berühmtesten (Notre Dame in Paris), höchsten (Ulmer Münster), grössten (Santa Maria de la Sede in Sevilla), höchste gotische Kirchenschiff der Welt (Cathédrale Saint-Pierre Beauvais) oder im Origi-

nal ursprünglichste, gotischen Kathedrale gesprochen

wird und ob die französische, englische, spanische  oder deutsche  Gotik gemeint ist. Es ist auch unwesentlich,

wie viele gotische Kathedralen ich kennen gelernt habe, sondern entscheidend ist, von welcher die Initialzündung

für das gotische Lernprinzip ausgegangen ist. Die Entwick-

lungsstrebesymbolik als " nur das Bessere in allem zu wol-

len und nicht aufgeben",  ist das Bedeutsame und das Genügende, nicht die letzten Baustilfeinheiten, neues-

ten Architekturerkenntnisse, ob es als Weltkulturerbe gilt oder der Restaurationszustand der gotischen Kathedrale, weil das gotische, kulturelle Bewusstsein nur Hinweis,  Gleichnis und Chiffre für ein Entwicklungsbewusstsein

wird, was den Menschen übersteigt und wozu er fähig sein kann, wenn er sich permanent entwickelt, was als das gotische Lernprinzip  bezeichnet wird als die Idee, wel-

che alle bewegt. In und hinter allen Menschen, Dingen

und Umständen verbirgt, (" west ") und wirkt ein Ent-

wick lungs-Individualisierungs-Reife-Zweck-Sinn in sich selber, aber ist kein Ding selber. Es ist eine höhere Ent-

wicklungsstufe der Materie als verdichteter, gebundener Geist und Verhüllungswahrheit, welcher für den Geist geschaffen wurde, um sich von ihr zu befreien und damit

das alte, egoistische, kapitalistische Materialismus-Ding-Haben-Verständnis als Mittel zum Zweck und neue Be-

stimmung aufwertet. Beim entwicklungs-transzendier-

ten-bewussten Materialismus verändert sich die Bedeu-

tung der Materie durch eine Entwicklungs-Transzendie-

rungs-Sichtweise und der bisherige Materiehauptzweck

wird als Mittel zum Entwicklungs-Lebens-Zweck als Rema-

terialisierung angesehen. Es ist alles im Zusammenhang

und im Verhältnissinn zu meiner Entwicklungsbedeutung

zu sehen als Gelegenheit  in der Selbstwahrnehmung und  Selbsterkennung in allem und aus allem die so genannten Entwicklungstugenden zu verbessern *.


* I.) Flamboyantstil als letzte übersteigerte Stilstufe der Gotik.


II.) Die Marienkirche in Danzig ist ein steingewordenes Lutherlied "Eine feste Burg ist unser Gott".


III.) Bildungs-Kultur-Lernen  ist die Wahrheit suchen in den kultu-

rellen  Verkleidungen der Wissenschaft, Kunst, Religion, Musik, Dichtung, Philosophie, Schriftstellerei, Malerei, Literatur, Architek-

tur und der Bildungsgleichen mehr. Entwicklungs-Kultur-Lernen ist die Wahrheits-Individualisierung durch das gotische Lernprinzip. Es ist eine Interpretation der berühmten These des Philosophen Georg Wilhelm Friedrich Hegels vom Ende der traditionellen Kulturträger, welche keinen wirklichen, tieferen Einfluss mehr auf die kultu-

relle Entwicklung des Menschen haben, weil sie auch dem ge-

schichtlichen Gesetz des Werdens und Vergehens unterliegen und deshalb die Zeit gekommen ist, wo der Wahrheitsausdruck eines anderen Mediums bedarf z.B.Wahrheits-Individualisierung durch

das Gotische Lernprinzip. Diese sind nicht mehr geeignet auf Höhe-

res zu verweisen, um die Sehnsucht nach oben wachzurufen, was man selbst noch nicht, aber Menschenaufgabe  ist. Diese Fülle der kulturellen Werte lebte ursprünglich nicht selber aus sich heraus, sondern z.B. die Brandenburgischen Konzerte von Bach, eine Stradivari des gleichnamigen Geigenbauers, ein Gemälde von Vin-

cent van Gogh oder eine gotische Kathedrale  waren nur Wegweiser und Mittler für den Weg  nach oben was den Menschen übersteigt und sind  nur je nach kultureller Affinität Mittel zum Entwicklungs-Individualisierungs-Reifezweck.


IV.) Jegliche Kreatur ist Gottes voll, ist ein aufgeschlagenes Buch und wer darin recht zu lesen weiss, der braucht keine Predigt mehr.

Dass Gott die Welt und alle Dinge um des Menschen willen erschaf-

fen habe, den Menschen jedoch um seiner selbst willen. In allen Dingen (Umständen, Krisen, Krankheiten, Beziehungen, Ereignissen ) sah er Gott (Gottes-Friedens-Bewusstsein) und als er Gott sah, sah

er alle Dinge als ein Nichts (Wahrheitserkenntnis)." Der Mensch soll nicht vor den Dingen fliehen und sich in die Einöde begeben, son-

dern er muss lernen durch die Dinge hindurch zu brechen und

darin seinen Gott zu ergreifen, wie Meister Eckhart  es sagte.

Weil es so ist, kommt der gläubige Mensch nur durch die Welt zu Gott, weil diese nur Mittel, Zeichen und Prüfstein ist, welche auf Höheres verweist, was verwirklich werden soll. Unser irdisches Leben dient somit dazu, unseren geistigen Körper zu erschaffen was auch

als sterben zu lernen bezeichnet wird.


V.) Siehe auch Resümee: " Das Straßburger Liebfrauenmünster, als ein Juwel  der Gotik, findet öfters beispielhafte, dankbare, ehrenhafte Erwähnung " in Entwicklungsgotik


VI.) Siehe auch " Die Zukunft des Straßburger Münsters und anderer gotischen Kathedralen " in Zukunft Strassburger Muenster

 

> Alleine die Entwicklungsidee der Gotik als gotisches Lernprinzip, welche in vielen metaphysischen Symbol-

zeichen, in der architektonischen Formensprache, religi-

ösen Metaphern, in der Stilkunde und Ikonologie etc. zu finden sind, steht im Zentrum der Entwicklungsbetrach-

tungsweise und es lässt sich darin die gesamte Entwick-

lungslebenswelt nicht nur interpretieren, sondern auch finden. Solange man etwas symbolisch sieht, braucht eine reale " eins zu eins Entsprechung " nicht zu bestehen. Wo

die Quellenlage und archivalische Recherche stumm und

die Formenanalyse zum Kathedralenbau dürftig waren, erfolgte die Deutung historischer und architektonischer Leerstellen in eigenwilliger, schriftstellerischer und der Entwicklungswahrheit verpflichtender, entwicklungs-

meta phorischer Freiheit, weil sich der Geist der Gotik

und der Geist der Entwicklung sich gegenseitig durch-

dringen. Diese Webpräsenz " Die gotische Kathedrale " erstrahlt erst in ihrem hellsten Licht in Verbindung mit

den vielen Direktverlinkungen zu den Verweisvolltexten

der  Webpräsenz www.entwicklungschristentum.de".


* Die Webpräsenz die gotische Kathedrale als entwicklungskultu-

relles  Selbstkonzept ist stets bemüht die Lebenserfahrungswirk-

lichkeit des  Einzelnen in den Mittelpunkt zu stellen, wo sich jeder wieder findet und das Gefühl vermittelt bekommt, dass die goti-

sche Kathedrale nur für ihn höchst persönlich gebaut wurde. Es ist der naturgesetzliche Strebedrang als Lebensformprinzip, was in jedem Einzelnen gegeben ist. Der Einzelne fühlt sich auch deshalb angesprochen, weil Entwicklungsgotik 1 bis Entwicklungsgotik 9

nicht intellektuell recherchiert, klug ausgedacht und abstrakt rezipiert wurde, sondern weil dieser Entwicklungs-Individualisie-

rungs-Lebensweg im " Angesicht des Münsters" auch gegangen wurde, kann er auch nur so beschrieben werden. Dieser Weg wird auch die  Zukunft des Strassburger Muenster und anderer gotischen Kathedralen sein.


II.) Siehe auch Wirkkraftfeld eines Entwicklervorbildes


> In der Domain "die gotische Kathedrale wird der höher-

weisende Bedeutungsträgersinn der pädagogischen, jenseitigen, religiösen Heilsvermittlung (Gott ist im Jenseits jenseitig) zur pädagogischen, diesseitigen, biografischen, säkularen Entwicklungs-Individualisierungs-Entwicklung (Gott ist im Diesseits jenseitig) bspw. durch die Formen-

 sprache, Symbolwahrheiten, Allegorien, Bildmotive, Gleich-

nisse, Begrifflichkeiten als " der Genius des Christentums "

in der Zwei-Stufen-Methode dargestellt.) Jeder Entwick-

lungs-Individualisierungs-Lebensweg geht immer nur

über- und durch die gotische Kathedrale. Die Metaphysik

der Formensprache der Gotik als Kathedralbauprinzipien sind Entwicklungsschlüsselmerkmale und identisch mit

den universellen Entwicklungseigenschaften, Entwick-

lungsattributen, Entwicklungswerten und Entwicklungs-

tugenden als die Formen- und Universalsprache der Le-

bensentwicklung (Das Christentum hat eigentlich keine eigene Sprache). Es ist eine anagogische Auslegung von

der kunsthistorischen Entwicklung zur individualhisto-

rischen Entwicklung als Rekontextualisierung *.


* Von der Gotik als eine Epoche der europäischen Architektur im Mittelalter (allgemein)  zu jede gotische Kathedrale ist unvergleich-

bar einzigartig, weil nur die nichts gleich sind, " Gott gleich sind ",

weil Gott sich in jedem Einzelnen sich werden will  (individuell).


> Der gotische Baustil stieg wie " Phönix aus der Asche em-

por ", wo keiner mehr an dieser Kunstsprache daran vorbei kam und so wird die Entwicklungs-Individualisierungs-Me-

tapher-Idee seine Stunde und grosses Moment haben, wo keiner an dieser Lebenskunstsprache daran vorbei kommt.

 

                     Die Entwicklungsführung beginnt !!!


Die gotische Kathedrale wird im Erkenntnislicht eines gegangenen Entwicklungs(vorbild)weges) der Individualisierungsentwicklung interpretiert, weil jede Entwicklung eines jeden Einzelnen nur durch und über die gotische Kathedrale geht und gegangen werden kann *.


* " Wenn einer den Weg gegangen ist, hat er ihn frei gemacht für andere " ist das wissenschaftliche Spiegelbild der Relativitäts-

theorie von Albert Einstein. Es wurde (Entwicklungs)raum als physische Realität geschaffen, der vorher nicht da war und erst

diese Raumexpansion gibt jedem die  Chance, in den (Vorbild)-

kraftraum  einzutreten, wenn dieser auch das praktische Moment

der Veränderung beinhaltet und diese Transzendierungs- Möglich-

keit (durch Selbstentwicklung) wahrzunehmen. Der Dichter Frie-

drich Schiller hätte gesagt;  " Was einer im Reiche der Wahrheit erwirbt, hat er für alle erworben ". Wenn der Mensch sich durch-

gerungen und den Vorbildweg freigemacht hat für alle ist das wie

ein Tropfen, welcher ins Meer fliesst, wo das Meer sich in den

Tropfen verwandelt und nicht der Tropfen in das Meer.Der Raum

ist nicht begrenzt, sondern so gross, wie der gedacht werden kann.

Es ist weniger die Kunst des Möglichen, sondern im Rahmen des Möglichen, wozu ich auch wirklich reifebereit bin als eine neue Kulturkategorie, wo ich meiner Lebenswelt in der Auseinander-

setzungs-Transzendierung gegenübertreten und Kultur schaffe.

 

Die virtuellen Webseiten sind nur eine echte, scheinbare,

lebenswirkliche Realität und werden durch die Lesetrans-

zendierung zur echten, evolutionären, tatsächlichen Le-

benswirklichkeit. Die gotische Kathedrale als Kulturreise-

ziel wird zur virtuellen Kathedrale, wo man sich trifft ohne

zu reisen (Metaverse).



                                  Entwicklungsgotik 1